München:
Bayerns Justizminister Bausback: „Fahrradfahren ist keine rechtsfreie Zone / Auf juristische Schlaglöcher achten und zivil- und strafrechtliche Folgen bedenken!“
Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback rät Fahrradfahrern zur tatsächlichen und rechtlichen Vorsicht bei der Teilnahme am Straßenverkehr: „Gerade in der Urlaubs- und Ferienzeit ist Radfahren ein Vergnügen für die ganze Familie. Und auch im Alltag ist das Zweirad ein oft und gerne genutztes Fortbewegungsmittel. Technische Neuheiten wie Pedelecs und E-Bikes machen das „Radeln“ auch für ältere Menschen und Familien attraktiv und erhöhen die Mobilität.“ Viele unterschätzten dabei allerdings die rechtlichen Aspekte und Folgen, die auch beim Radfahren zu beachten seien: „Fahrradfahren ist keine rechtsfreie Zone! Auch hier gilt es mögliche juristische Schlaglöcher frühzeitig zu erkennen und ihnen auszuweichen!“
Bausback: „Das fängt schon damit an, dass nicht alles, was nach Fahrrad aussieht, tatsächlich auch rechtlich als Fahrrad einzuordnen ist. Der technische Fortschritt hat zum Beispiel mit Pedelecs und E-Bikes in den verschiedensten technischen Varianten auch den Fahrradmarkt erreicht.“ Je nach Ausstattung könnten jedoch ganz unterschiedliche Regelungen über eine eventuelle Zulassungs- und Versicherungspflicht, die Helmpflicht, die Nutzung von Straßen und/oder Radwegen sowie über die zivil- und strafrechtliche Haftung gelten. Dies solle bereits bei der Anschaffung bedacht werden: „Damit Sie keine bösen Überraschungen erleben: Bei Unsicherheiten hinsichtlich der technischen Ausstattung eines Pedelecs oder E-Bikes würde ich den Hersteller oder Händler fragen. Zu den konkreten rechtlichen Folgen konsultieren Sie im Zweifel am besten einen Rechtsanwalt!“, rät der Minister.
Beim Thema Helmpflicht empfiehlt Bayerns Justizminister: „Auch wenn für Fahrräder und Pedelecs, die keine Krafträder sind, in Deutschland keine allgemeine Helmpflicht besteht, lege ich jedem dringend ans Herz, immer einen Helm zu tragen. Fahrradhelme verhindern bei Unfällen Kopfverletzungen bzw. mildern diese ab und bewahren daher Kinder und Erwachsene oftmals vor erheblichen Verletzungsfolgen. Für die Führer von Krafträdern – also je nach Ausstattung auch E-Bikes – mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h ist eine Helmpflicht ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.“
Gerade bei Familienausflügen stellt sich häufig die Frage: Müssen die Kinder auch auf der Straße fahren oder dürfen sie den sichereren Gehweg benutzen? „Hier gelten feste Grenzen: Gehsteige dürfen nur von Kindern mit Fahrrädern befahren werden. Kinder bis 8 Jahre müssen die Gehwege nutzen, Kinder bis zu 10 Jahren dürfen sie noch befahren“, so der Minister.
Verursacht ein Fahrradfahrer schuldhaft einen Unfall, muss auch er für die eingetretenen Schäden regelmäßig gerade stehen. Bausback: „Alle Verkehrsteilnehmer haften selbstverständlich nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.“ Darüber hinaus könne den Führer eines Kraftfahrzeugs eine verschuldensunabhängige Haftung nach besonderen Vorschriften treffen.
Bayerns Justizminister weist auch auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen beim Fahrradfahren hin: „Was viele nicht wissen: auch Radfahrer können sich strafbar machen. Fährt ein Radfahrer in fahruntüchtigem Zustand vom Biergarten nach Hause, kann er sich genauso wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar machen wie ein Autofahrer“. Wenn die Straßenverkehrsbehörde entsprechend reagiere, drohe gegebenenfalls auch der Verlust des Führerscheins.
Bei Fahrradfahrern im klassischen Sinne wird ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille die Fahruntauglichkeit unwiderleglich vermutet. Dies bedeutet, dass die Fahruntauglichkeit in diesen Fällen sicher nachgewiesen ist, auch wenn der Fahrer für einen Außenstehenden den Eindruck vermitteln sollte, das Fahrrad sicher führen zu können. „Aber auch unterhalb dieses Grenzwertes oder bei sonstigem Rauschmittelkonsum gibt es für Fahrradfahrer keinen Freifahrtschein!“, so der Minister. Trunkenheit im Verkehr könne auch dann vorliegen, wenn die Fahruntüchtigkeit beispielsweise an der konkreten Fahrweise erkennbar sei, insbesondere wenn der Fahrer in Schlangenlinien fahre.
Auch andere Straftatbestände wie z.B. das unerlaubte Entfernen vom Unfallort gelten für Radfahrer genauso wie für Autofahrer. Ist also ein Radfahrer an einem Unfall beteiligt, darf er sich nicht vom Unfallort entfernen, bis er den anderen Unfallbeteiligten ermöglicht hat, seine Personalien, sein Fahrzeug und die Art der Beteiligung festzustellen. Ist keine andere Person vor Ort, trifft auch den Fahrradfahrer die Pflicht, eine angemessene Zeit zu warten und – wenn niemand kommt – die Polizei zu rufen, damit diese den Unfall und die Personalien aufnehmen kann.
Quelle: stmj.bayern.de