München:
Symposium zur neuen europäischen Ein-Personen-Gesellschaft / Justizminister Bausback: „Rechtsänderungen im Bereich der Ein-Personen-Gesellschaften können unsere Unternehmenswelt massiv verändern.“
Kurz vor der Europawahl hat Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback gestern Abend in Berlin mit hochrangigen Vertretern der EU-Kommission und aus Politik, Wirtschaft und Rechtspraxis im Rahmen eines Symposiums der bayerischen Justiz den neuen Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur europäischen Ein-Personen-Gesellschaft („Societas Unius Personae“ – SUP) diskutiert. „Auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht den Anschein hat: Ein-Personen-Gesellschaften finden sich überall – vom Kleinstbetreib bis hin zum Weltkonzern. Rechtsänderungen in diesem Bereich können unsere Unternehmenswelt massiv verändern“, so Bausback. „Deshalb ist es mir wichtig, den Richtlinienentwurf frühzeitig in den Fokus der politischen Diskussion zu rücken, damit wir auf den Entscheidungsprozess in Brüssel nachhaltig Einfluss nehmen können.“
Bei dem Symposium wurde deutlich, dass der Richtlinienentwurf der Kommission zur SUP in wichtigen Punkten der Überarbeitung bedarf. Dabei geht es vor allem um die neue Möglichkeit einer Online-Gründung. Bausback fasst die Kritik so zusammen: „Wenn sich Gesellschaftsgründer nicht zuverlässig identifizieren lassen, wird professionellen Betrügern ein weites Tor geöffnet. Dann können wir uns künftig nicht nur Bemühungen in Sachen Verbraucherschutz oder Geldwäschebekämpfung sparen. Auch Vorgaben im Steuer- und Gewerberecht lassen sich gegenüber solchen Akteuren nicht mehr durchsetzen.“
Auch in puncto Gläubigerschutz stieß der Richtlinienentwurf auf deutliche Kritik. Wie das Symposium zeigte, sieht auch die Wirtschaft die mit der SUP angebotene Haftungsbeschränkung zum Preis eines Mindestkapitals von nur 1 EUR zwiespältig. Bausback bringt die Gefahren für den Rechtsverkehr auf den Punkt: „Der Gläubigerschutz in Europa bleibt auf der Strecke, wenn eine Gesellschaft dauerhaft mit einem Vermögen von nur einem Euro haften muss.“
Zustimmung fand auch Bausbacks kritische Anmerkung, der Gründer einer SUP könne sich das ihm genehme Recht aus der Vielfalt der europäischen Rechtsordnungen herauspicken. „Es kann doch nicht Sinn einer europäischen Regelung sein, dass jemand seine Firma irgendwo im europäischen Ausland registriert, nur um inländische Schutzstandards zu umgehen. Damit fördert der Richtlinienentwurf die Niederlassungsfreiheit nicht, sondern lädt zu ihrem Missbrauch ein.“
Der Minister abschließend „Mit der gestrigen Veranstaltung ist es uns gelungen, die Fachöffentlichkeit für die Probleme des Richtlinienvorschlags zu sensibilisieren. Nun gilt es, auf nationaler wie auf europäischer Ebene um Unterstützung für die Einhaltung unverzichtbarer Rechtsstandards bei der SUP zu werben!“
Zum Hintergrund:
Am 9. April 2014 hat die Europäische Kommission ihren Richtlinienentwurf zur Ein-Personen-Gesellschaft („Societas Unius Personae“ – SUP) veröffentlicht. Die SUP soll eine haftungsbeschränkte Gesellschaft mit nur einem Gesellschafter sein, deren rechtliche Grundlagen sich in erster Linie aus der Richtlinie, im Übrigen aus dem jeweiligen nationalen Recht ergeben. Damit soll den Akteuren des Wirtschaftslebens eine EU-weit vergleichbare Gesellschaftsform vor allem zur Gründung ausländischer Tochtergesellschaften angeboten werden.
Nach diesem Konzept wird es 28 Varianten der SUP geben, da die konkrete Ausgestaltung der Gesellschaft von den nationalen Umsetzungsgesetzen abhängt, die in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union zu erlassen sind. Dabei kann sich der Gründer einer SUP das für ihn maßgebliche Rechtssystem aussuchen, weil er den (formalen) Satzungssitz beliebig auswählen kann, nachdem keine Aktivitäten am Satzungssitz entfaltet werden müssen.
Nach der neuen Richtlinie soll die Registrierung einer SUP im Online-Verfahren binnen dreier Werktage erfolgen können. Anders als etwa bei der deutschen GmbH muss bei der Gründung der SUP kein Mindestkapital nachgewiesen werden. Gleichwohl wäre die Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Ein hinreichender Gläubigerschutz soll dadurch erreicht werden, dass Gewinne der SUP nur dann ausgeschüttet werden dürfen, wenn die Geschäftsführung schriftlich versichert, dass ein die Verbindlichkeit deckendes Gesellschaftsvermögen vorhanden ist.
Quelle:stmj.bayern.de