München:
Bayerns Justizminister Bausback kritisiert neue europäische Ein-Personen-Gesellschaft: „Eine derart missbrauchsanfällige Rechtsform gefährdet die Sicherheit im Geschäftsverkehr!“
Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback äußert sich kritisch zu dem gestern von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinienentwurf für eine europäische Ein-Personen-Gesellschaft („Societas Unius Personae“ – SUP), mit dem ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Gründung einer haftungsbeschränkten Gesellschaft mit nur einem Gesellschafter geschaffen werden soll. „Gerade Mittelstand und Handwerk könnten die Rechtsform einer europatauglichen haftungsbeschränkten Gesellschaft gut gebrauchen“, so Bausback. „Aber wir wollen die Seriosität des Geschäftsverkehrs nicht durch undurchsichtige Konstrukte gefährden! Auch der Markt will keine Rechtsform, die rasch in Verruf geraten wird, weil sie zum Missbrauch einlädt.“
Die Risiken beginnen Bausback zufolge schon bei dem geplanten Registrierungsverfahren, das eine auf wenige Formalien beschränkte „Online-Blitz-gründung“ der SUP erlaubt. Bausback: „Wer schon am Anfang nicht so genau hinschaut, öffnet unlauteren Machenschaften Tür und Tor. Eine amtliche Prüfung, wie sie bei uns Notare und Registergerichte vornehmen, kann unseriöse Gründungen und deren Folgen verhindern, unter denen andere europäische Staaten leiden.“ Eine sorgfältige Registrierung sei im Übrigen zur Bekämpfung der Geldwäsche unerlässlich.
Als problematisch bewertet Bausback zudem, dass die SUP dauerhaft ohne Mindestkapital agieren kann, zugleich aber die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. „Eine Haftungsbeschränkung darf nur dem zu Gute kommen, der seinen Gläubigern eine gewisse Haftungsmasse vorzuweisen hat. Wer wird denn – noch dazu im internationalen Verkehr – einer Rechtsform vertrauen, die ihre Haftung in Höhe eines Euro verspricht?“ Die vorgesehene haftungsbewehrte Solvenzerklärung der Geschäftsführung könne dies nicht kompensieren.
Aber auch strukturelle Defizite seien unübersehbar, wie Bausback erläutert: „Die Richtlinie gibt nur wenige Grundzüge der SUP vor. Die Details bestimmt jedoch das nationale Recht am Registrierungsort. Das bedeutet: Unsere Unternehmen werden in Europa 28 verschiedene Spielarten der SUP vorfinden. Wo ist hier die Vereinfachung, wo bleibt die Rechtsklarheit? Einen Mehrwert würden wir mit einer einheitlichen europäischen Rechtsform auf hohem Standard erhalten, nicht mit einem bunten Strauß schillernder Einzelregelungen.“
Außerdem sollen sich Unternehmen nach dem Entwurf zukünftig in dem Land registrieren lassen können, wo die niedrigsten Standards gelten, auch wenn sie dort gar nicht tätig sind. „Ich befürchte, dass wir einen „Wettbewerb nach unten“ erleben werden. So fördert man nicht den Mittelstand, sondern die Entstehung zwielichtiger Briefkastengesellschaften. Im Interesse der Sicherheit im Geschäftsverkehr wird man nicht umhin kommen, das Konzept der EU-Kommission nochmals umfassend zu prüfen“, so der Minister abschließend.
Zum Hintergrund:
Am 9. April 2014 hat die Europäische Kommission ihren Richtlinienentwurf zur Ein-Personen-Gesellschaft („Societas Unius Personae“ – SUP) veröffentlicht. Die SUP soll eine haftungsbeschränkte Gesellschaft mit nur einem Gesellschafter sein, deren rechtliche Grundlagen sich in erster Linie aus der Richtlinie, im Übrigen aus dem jeweiligen nationalen Recht ergeben. Damit soll den Akteuren des Wirtschaftslebens eine EU-weit vergleichbare Gesellschaftsform vor allem zur Gründung ausländischer Tochtergesellschaften angeboten werden.
Nach diesem Konzept wird es 28 Varianten der SUP geben, da die konkrete Ausgestaltung der Gesellschaft von den nationalen Umsetzungsgesetzen abhängt, die in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union zu erlassen sind. Dabei kann sich der Gründer einer SUP das für ihn maßgebliche Rechtssystem aussuchen, weil er den (formalen) Satzungssitz beliebig auswählen kann, nachdem keine Aktivitäten am Satzungssitz entfaltet werden müssen.
Nach der neuen Richtlinie soll die Registrierung einer SUP im Online-Verfahren binnen dreier Werktage erfolgen können. Anders als etwa bei der deutschen GmbH muss bei der Gründung der SUP kein Mindestkapital nachgewiesen werden. Gleichwohl wäre die Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Ein hinreichender Gläubigerschutz soll dadurch erreicht werden, dass Gewinne der SUP nur dann ausgeschüttet werden dürfen, wenn die Geschäftsführung schriftlich versichert, dass ein die Verbindlichkeit deckendes Gesellschaftsvermögen vorhanden ist.
Quelle:stmj.bayern.de