Berlin:

Zu dem heute vom Bundesrat verabschiedeten Mietrechtsänderungsgesetz erklärt Bundesjustizministerin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Der Weg ist frei für Verbesserungen für Vermieter und Mieter, die durch das
Mietrechtsänderungsgesetz geschaffen werden. Die Neuregelungen im Mietrecht schaffen Anreize für
den Vermieter zur energetischen Sanierung, sie entlasten Mieter bei den Energiekosten, stärken die
Position des Mieters bei der Umwandlung von Miete in Eigentum und schaffen Abhilfe gegen das
sogenannte Mietnomadentum.
Forderungen nach massiven Eingriffen in das Mietpreisrecht haben im Bundesrat zu Recht keine
Mehrheit gefunden. Private Vermieter stellen mehr als 60 Prozent der angebotenen Mietwohnungen zur
Verfügung. Sie sind damit die größte Anbietergruppe auf dem deutschen Wohnungsmarkt. Damit es auch
in Zukunft Anreize für private Vermieter gibt, in neue Mietwohnungen zu investieren, muss
ausufernden Reglementierungen der Mietpreise ein Riegel vorgeschoben werden.
Die energetische Wohnraumsanierung ist ein zentrales Element der Energiewende und eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Vierzig Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland entfallen auf
Gebäude, ein erheblicher Teil auf Mietwohnungen. Die Neuregelungen verteilen die Lasten einer
energetischen Modernisierung ausgewogen auf Vermieter und Mieter. Nach einer energetischen
Modernisierung, z.B. der Dämmung der Gebäudehülle, profitieren die Mieter insbesondere von
geringeren Nebenkosten und höherem Wohnkomfort. Um Anreize für die hierfür erforderlichen
Investitionen gerade bei der Vielzahl kleiner Privatvermieter zu schaffen, kann der möglicherweise
wegen der Baumaßnahmen bestehende Mietminderungsanspruch bei energetischen Sanierungen künftig erst
nach drei Monaten geltend gemacht werden. Der Vermieter kann wie bisher jährlich maximal 11
Prozent der Kosten für die Modernisierungen auf die Miete umlegen.
Auf eine gesetzliche Grundlage wird auch das Contracting gestellt. In Zukunft kann der Vermieter
die Beheizung von der Eigenversorgung auf eine gewerbliche Wärmelieferung umstellen, wenn dies für
den Mieter kostenneutral ist und ein Effizienzgewinn erzielt wird. Bleibt das Contracting für den
Mieter kostenfrei, können die Wärmelieferkosten als Betriebskosten umgelegt werden. Einzelheiten
werden in einer Verordnung geregelt, die die Bundesregierung gesondert erlassen wird.
Gerade für private Kleinvermieter ist das neue Instrumentarium gegen „Mietnomaden“ wichtig, denn
sie sind am stärksten von Mietbetrügern betroffen. Die Gerichte müssen künftig Räumungssachen
vorrangig bearbeiten. Der Mieter kann außerdem vom Gericht verpflichtet werden, eine Sicherheit für
die Nutzungsentgelte zu stellen, die während langwieriger Räumungsprozesse auflaufen. Befolgt er
diese Anordnung nicht, kann die Wohnung im Eilverfahren geräumt werden. Außerdem kann künftig nach
dem Modell der „Berliner Räumung“ der Gerichtsvollzieher beauftragt werden, lediglich den
gekündigten Mieter aus dem Besitz der Wohnung zu setzen, ohne gleichzeitig die Einrichtung der
Wohnung wegschaffen und einlagern zu müssen. Das „Berliner Modell“ spart Zeit und Geld.
Im Interesse der Mieter werden außerdem Schutzlücken bei der Umwandlung von Wohnraum in
Eigentumswohnungen geschlossen. Die Umgehung des Kündigungsschutzes bei der Umwandlung in
Eigentumswohnungen nach dem „Münchener Modell“ wird künftig verhindert.

wolke2
Zum Hintergrund:
Der Entwurf betrifft folgende Regelungskomplexe: Die energetische Modernisierung von Wohnraum, die
Förderung des Contracting, die Bekämpfung des Mietnomadentums und den Kündigungsschutz bei der
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Zudem werden die Länder ermächtigt, den Anstieg von
Bestandsmieten auf lokalen Teilmärkten mit knappem Angebot abzudämpfen.
Im Einzelnen:
I. Energetische Modernisierung
Das Mietrecht muss dafür sorgen, dass Nutzen und Lasten einer energetischen Modernisierung
ausgewogen zwischen Vermieter und Mieter verteilt werden.
– Die Vorschriften über die Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (bisher: § 554
BGB) werden reformiert. Größeres Gewicht erhält der neu geschaffene Tatbestand der „energetischen
Modernisierung“. Er umfasst Maßnahmen, die zur Einsparung von Endenergie in Bezug auf die Mietsache
beitragen, etwa die Dämmung der Gebäudehülle oder den Einsatz von Solartechnik für die
Warmwasserbereitung. Das schafft Rechtssicherheit für den investitionswilligen Vermieter. Rein
klimaschützende Maßnahmen oder Maßnahmen wie die Installation einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach,
deren Strom der Vermieter in das öffentliche Stromnetz einspeist, muss der Mieter zwar dulden. Sie
berechtigen aber nicht zur Mieterhöhung.
– Energetische Modernisierungen sollen für eine begrenzte Zeit von drei Monaten nicht mehr zu einer
Mietminderung (§ 536 BGB) führen. Ist etwa eine Dämmung der Außenfassade mit Baulärm verbunden, ist
für die Dauer von drei Monaten die Mietminderung wegen dieser Beeinträchtigung ausgeschlossen. Ab
dem vierten Monat kann eine Mietminderung wie bisher geltend gemacht werden, sofern die Baumaßnahme
bis dahin nicht abgeschlossen und die Nutzung der Wohnung weiter beeinträchtigt ist. Der
vorübergehende Minderungsausschluss gilt nur für energetische Modernisierungen. Bei anderen
Modernisierungen (z.B. Modernisierung eines Bades) bleibt es beim unbeschränkten Minderungsrecht.
Unberührt bleibt natürlich auch das Recht des Mieters zur Mietminderung, wenn die Wohnung wegen der
Baumaßnahmen nicht mehr benutzbar ist.
– Das geltende Recht, dass die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen mit jährlich maximal elf Prozent
auf die Miete umgelegt werden können, wird nicht verändert (§ 559 BGB). Die Umlagemöglichkeit wird
auch für die energetische Modernisierung nicht erhöht. Kosten für Erhaltungsaufwendungen, die mit
Modernisierungen verbunden sind, berechtigen nicht zur Mieterhöhung. Dieser Abzugsposten wird im
Mieterinteresse künftig ausdrücklich geregelt; diese Klarstellung fehlte im Gesetz bislang.
– Bisher konnte sich der Beginn von Modernisierungsmaßnahmen verzögern, wenn der Mieter vorträgt,
dass die gesetzlich vorgesehene Umlage von Modernisierungskosten eine für ihn unzumutbare
wirtschaftliche Härte sei. Diese Härtefallprüfung wird in das spätere Mieterhöhungsverfahren
verlagert, damit die Modernisierung zunächst ohne Verzögerungen realisiert werden kann. Beruft sich
also ein Mieter darauf, dass er nach seinem Einkommen eine spätere Modernisierungsumlage
wirtschaftlich nicht verkraften kann, so kann der Vermieter die geplante Maßnahme dennoch
durchführen, darf die Miete jedoch nicht erhöhen, sofern sein Einwand berechtigt ist. Das schafft
Planungssicherheit in der Bauphase. Der Härteeinwand ist künftig schriftlich und fristgebunden
vorzubringen; der Vermieter soll den Mieter in der Ankündigung aber auf Form und Frist hinweisen.
Der Härtegrund der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird im Mieterhöhungsverfahren
nach Abschluss der Maßnahmen geprüft, auch der Abwägungsmaßstab wird nicht verschärft. Der Mieter
behält also seinen umfassenden Schutz vor Mieterhöhungen, die er finanziell nicht tragen kann. Er
muss also, wenn der Härtegrund gegeben ist, trotz zu duldender Modernisierung später eine mögliche
erhöhte Miete nicht zahlen.
– Die formalen Anforderungen an die Begründungspflichten des Vermieters bei Modernisierungen werden
gesenkt, um überzogene Anforderungen zu vermeiden. Der Vermieter kann sich etwa auf anerkannte
Pauschalwerte berufen, um die Wärmeleitfähigkeit alter Fenster zu beschreiben, die ausgetauscht
werden sollen. Die Rechtsprechung verlangt hier bisher teilweise kostspielige
Sachverständigengutachten.
– In den Vorschriften über die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) wird gesetzlich
klargestellt, dass die energetische Ausstattung und Beschaffenheit bei der Bildung der ortsüblichen
Vergleichsmiete zu berücksichtigen sind. Energetische Kriterien sollen so künftig auch verstärkt in
Mietspiegeln abgebildet werden.
II. Contracting
Mit der Umstellung auf Contracting (gewerbliche Wärmelieferung durch ein spezialisiertes
Unternehmen) kann Energie gespart oder effizienter genutzt werden. Vermieter, die bisher in
Eigenregie für die Wärmeversorgung ihrer Häuser gesorgt haben, können einen Beitrag zu Klimaschutz
und Ressourcenschonung leisten, wenn sie einen gewerblichen Wärmelieferanten beauftragen, der in
der Regel in eine neue, sparsamere Heizungsanlage investiert. Die Umlage der Contractingkosten auf
den Mieter anstelle der bisherigen Heizkosten, und damit ein Umstellungsanspruch des Vermieters,
wird gesetzlich geregelt. Wenn Vermieter von der Wärmeversorgung in Eigenregie auf Wärmelieferung
durch einen gewerblichen Anbieter umstellen, können sie die Kosten dieser Wärmelieferung künftig
unter folgenden Voraussetzungen als Betriebskosten auf den Mieter umlegen: In der Regel muss der
Contractor eine neue Anlage errichten oder die Wärme aus einem Wärmenetz liefern, z.B. als
Fernwärme oder aus einem Blockheizkraftwerk. Bei Bestandsanlagen, die noch effizient weiter
betrieben werden können, kann er sich auch auf die verbesserte Betriebsführung beschränken. In
jedem Fall muss die Umstellung für den Mieter kostenneutral sein. Außerdem muss die Umstellung
rechtzeitig zuvor angekündigt werden, damit der betroffene Mieter prüfen kann, ob die
Voraussetzungen für eine spätere Umlage der Wärmelieferkosten als Betriebskosten tatsächlich
vorliegen.
III. Wirkungsvolles Vorgehen gegen das sogenannte Mietnomadentum
Gegen das sogenannte Mietnomadentum kann durch neue Verfahrensregeln verbessert vorgegangen werden:
– Räumungssachen sind künftig vorrangig von den Gerichten zu bearbeiten: Denn der Vermieter oder
Verpächter kann auch bei wirksamer Kündigung des Vertrags seine Leistung – nämlich die
Besitzüberlassung – nicht eigenmächtig zurückhalten. Hier ist eine besonders schnelle Durchführung
des Verfahrens erforderlich, um nach Möglichkeit zu vermeiden, dass sich die Klagforderung
monatlich um das auflaufende Nutzungsentgelt erhöht, falls der Mieter oder Pächter nicht zahlt.
Deshalb sind Räumungsprozesse schneller als andere Zivilprozesse durchzuführen: Sie sind vorrangig
zu terminieren; die Fristen zur Stellungnahme für die Parteien sind auf das unbedingt Notwendige zu
reduzieren.
– Mit einer neuen Sicherungsanordnung kann der Mieter in Verfahren wegen Geldforderungen vom
Gericht verpflichtet werden, für das während eines Gerichtsverfahrens Monat für Monat auflaufende
Nutzungsentgelt eine Sicherheit (z. B. Bürgschaft, Hinterlegung von Geld) zu leisten. Damit soll
verhindert werden, dass der Vermieter durch das Gerichtsverfahren einen wirtschaftlichen Schaden
erleidet, weil der Mieter am Ende des Prozesses nicht mehr in der Lage ist, die während des
Prozesses aufgelaufenen Mietschulden zu bezahlen. Befolgt der Mieter bei einer Räumungsklage wegen
Zahlungsverzugs eine vom Gericht erlassene Sicherungsanordnung nicht, kann der Vermieter im Wege
des einstweiligen Rechtschutzes schneller als bislang ein Räumungsurteil erwirken.
– Die in der Praxis entwickelte „Berliner Räumung“ erleichtert die Vollstreckung von
Räumungsurteilen. Sie wird auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Hat ein Vermieter vor Gericht
ein Räumungsurteil erstritten, soll der Gerichtsvollzieher die Wohnung räumen können, ohne
gleichzeitig die – oft kostenaufwendige – Wegschaffung und Einlagerung der Gegenstände in der
Wohnung durchzuführen. Die Räumung kann also darauf beschränkt werden, den Schuldner aus dem Besitz
der Wohnung zu setzen. Auf diese Weise fällt kein Kostenvorschuss für Abtransport und Einlagerung
der in der Wohnung verbleibenden Gegenstände an. Die Haftung des Vermieters für die vom Schuldner
zurückgelassenen Gegenstände wird auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt.
– Wenn der Gerichtsvollzieher an der Wohnungstür klingelt, um ein Räumungsurteil zu vollstrecken,
öffnet manchmal ein Unbekannter die Tür und behauptet, Untermieter zu sein. Da der Vermieter von
der Untermiete nichts wusste, kann die Wohnung zunächst nicht geräumt werden, weil das
Räumungsurteil nur gegen die Personen wirkt, die im Urteil benannt sind. Ein neuer Anspruch im
einstweiligen Verfügungsverfahren gibt dem Vermieter die Möglichkeit, in dieser Situation schnell
einen weiteren Räumungstitel auch gegen den unberechtigten Untermieter zu bekommen.
IV. Unterbindung des „Münchener Modells“ bei der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen
Der bewährte Mieterschutz bei der Umwandlung von Mietshäusern darf nicht durch das sogenannte
Münchener Modell umgangen werden. § 577 a BGB sieht derzeit einen Schutz vor
Eigenbedarfskündigungen für drei Jahre vor, wenn Mietshäuser in Wohneigentum umgewandelt und die
Wohnungen sodann veräußert werden. Die Landesregierungen können diese Frist für gefährdete Gebiete
(Ballungsräume) bis auf zehn Jahre verlängern. Das „Münchener Modell“ ist dadurch geprägt, dass
eine Personengesellschaft (z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts) ein Mietshaus von vorn
herein mit dem Ziel erwirbt, ihren Mitgliedern die Nutzung der Wohnungen zu ermöglichen und die
Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Noch vor der Umwandlung kündigt die Gesellschaft einem
oder mehreren Mietern wegen Eigenbedarfs einzelner Gesellschafter. Auf diese Weise wird der in §
577a BGB verankerte Schutz vor Eigenbedarfskündigungen nach Umwandlung in Wohneigentum umgangen.
Diese Schutzlücke wird jetzt geschlossen.
V. Absenkung der Kappungsgrenze für Erhöhungen von Bestandsmieten bis zur ortsüblichen
Vergleichsmiete
Darüber hinaus wird in § 558 Absatz 3 BGB eine Regelung eingefügt, wonach die Bundesländer für
Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten per Rechtsverordnung die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen
bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete von 20 Prozent auf 15 Prozent absenken und so flexibel auf
Mietsteigerungen besonders in Ballungsräumen reagieren können.
Nach der heute erfolgten Verabschiedung des Gesetzes im Bundesrat muss es nun noch ausgefertigt und
verkündet werden. Die Änderungen werden voraussichtlich – je nach Verkündungstermin im
Bundesgesetzblatt – Anfang April oder Anfang Mai 2013 in Kraft treten. Die Regelung zum Contracting
werden zwei Monate danach wirksam. Die Gesetzesmaterialien sind über die Bundestag-Drucksachen
17/10485 (Regierungsentwurf) und 17/11894 (Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses) verfügbar.

Quelle: bmj.bund.de

Von redaktion