Berlin:

Zu dem heute vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts erklärt
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Ich freue mich, dass die parlamentarischen Beratungen zu dem von der Bundesregierung vorgelegten
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Seehandelsrechts erfolgreich abgeschlossen wurden und ein
nahezu unveränderter Regierungsentwurf verabschiedet wurde. Damit sind die Weichen dafür gestellt,
dass das Gesetz noch im Februar 2013 in Kraft treten kann.

Mit dem Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts werden die Rahmenbedingungen für den Seehandel an
die heutigen Bedürfnisse angepasst. Hierzu wird das im Handelsgesetzbuch kodifizierte
Seehandelsrecht vollständig neu gefasst und übersichtlicher strukturiert. Dabei werden veraltete
Regelungen und Rechtsinstrumente wie die Partenreederei und das seerechtliche Verklarungsverfahren
abgeschafft, das Seefrachtrecht behutsam modernisiert, außerdem gesetzliche Grundregelungen für im
Seehandel weit verbreitete Vertragsgestaltungen eingeführt und die Haftung des Beförderers für
Schäden von Passagieren auf kleineren Seeschiffen sowie auf Binnenschiffen europäischem Standard
angepasst.

schiff

Mit dem vom Bundesjustizministerium erarbeiteten und vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz
ist ein modernes und praxisgerechtes Seehandelsrecht geschaffen worden. Die Unternehmen werden von
mehr Rechtssicherheit profitieren. Das deutsche Recht gewinnt damit wieder mehr Attraktivität. Mit
Hinweis auf ein veraltetes Seehandelsrecht muss nicht mehr auf fremde Rechtsordnungen ausgewichen
werden. Im Gegenteil stärkt ein modernes Seehandelsrecht den Rechts- und Wirtschaftsstandort
Deutschland und macht ihn interessant für im Ausland tätige Unternehmen.

Zum Hintergrund:
Das Gesetz geht zurück auf Vorschläge einer im Jahre 2004 eingesetzten Sachverständigengruppe zur
Reform des Seehandelsrechts. Nach eingehenden Beratungen dieser Vorschläge beschloss die
Bundesregierung im Mai 2012 den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Seehandelsrechts. Dieser
Entwurf wurde fast unverändert vom Deutschen Bundestag beschlossen. Kernstück der Reform ist das im
Fünften Buch des Handelsgesetzbuchs kodifizierte See-handelsrecht. Zugleich werden im allgemeinen
Transportrecht und im Binnenschifffahrtsrecht einzelne Korrekturen vorgenommen.

Das Seehandelsrecht wird insbesondere in folgenden Punkten geändert: Die Partenreederei und das
seerechtliche Verklarungsverfahren werden abgeschafft.

Die Regelungen über die rechtliche Abwicklung von Havarien (Große Haverei) werden deutlich
gestrafft und Sonderregelungen aufgehoben (uneigentliche Haverei, die kleine Haverei und die
besondere Haverei.)

Die quasi-vertragliche Haftung des Kapitäns für die Ausführung der vom Reeder abge-schlossenen
Verträge wird aufgegeben.

Im Seefrachtrecht wird klar zwischen dem Stückgut- und Reisefrachtvertrag unterschieden und die
Vorschriften über die Abwicklung der Beförderung werden stärker an die Vorschriften im Vierten Buch
des Handelsgesetzbuchs über das Frachtgeschäft sowie an die allgemeinen zivilrechtlichen
Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch angelehnt. Darüber hinaus wird erstmals die Verwendung
elektronischer Konnossemente und Seefrachtbriefe ermöglicht. Die Haftungsregelungen werden dagegen
auch weiterhin nach dem Vorbild des von Deutschland ratifizierten Internationalen Abkommens vom 25.
August 1924 zur Vereinheitlichung von Regeln über Konnossemente („Haager Regeln“) sowie des
Protokolls vom 23. Februar 1968 zur Änderung der Haager Regeln („Visby-Regeln“) ausgestaltet. Eine
Ausnahme gilt insoweit nur für Feuer und für nautisches Verschulden, d.h. für Verschulden der
Besatzung bei der Führung und Bedienung des Schiffes. Für diese Fälle verzichtet das Gesetz auf die
Normierung eines Ausschlusses der Haftung des Verfrachters und überlässt es den Vertragsparteien,
einen solchen Haftungsausschluss zu vereinbaren. Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten der Haager
Regeln bleibt es allerdings bei einem gesetzlichen Haftungsausschluss, da Deutschland als
Vertragsstaat der Haager Regeln insoweit völkerrechtlich verpflichtet ist.

Erstmals werden in einem eigenständigen Abschnitt die sog. Schiffsüberlassungsverträge, nämlich die
sog. Bareboat-Charter und die sog. Zeitcharter, geregelt und damit die Abgrenzung dieser
Vertragstypen vom Seefrachtvertrag erleichtert. Die Haftung des Beförderers für Schäden von
Passagieren auf kleineren Seeschiffen sowie auf Binnenschiffen wird in Anlehnung an die
EG-Verordnung 392/2009 über die Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See verschärft.

Der Arrest in Schiffe wird nicht mehr davon abhängig gemacht, dass ohne ihn die Vollstreckung des
Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz sieht – abgesehen von einzelnen redaktionellen
Änderungen – folgende inhaltliche Abweichungen vom Regierungsentwurf vor: In den frachtrechtlichen
Regelungen im Handelsgesetzbuch wird bestimmt, dass der Frachtführer und der Verfrachter einem
vertragsfremden Dritten auch bestimmte vertragliche Vereinbarungen über einen Haftungsausschluss
oder eine Haftungsreduzierung entgegenhalten können, und zwar der Frachtführer eine Vereinbarung
über eine Absenkung des für ihn geltenden gesetzlichen Haftungshöchstbetrags von 8,33
Sonderziehungsrechte auf mindestens 2 Sonderziehungsrechte und der Verfrachter eine Vereinbarung
über den Ausschluss seiner Haftung wegen nautischen Verschuldens oder Feuer.

In der Zivilprozessordnung wird geregelt, dass das Verbot der Zwangsvollstreckung in ein Schiff,
das sich auf der Reise befindet und nicht in einem Hafen liegt, wird auf Seeschiffe beschränkt.

Im Rechtspflegergesetz wird vorgesehen, dass das – auch weiterhin geltende –
binnen-schifffahrtsrechtliche Verklarungsverfahren kann künftig vom Richter durchgeführt werden.

Das Gesetz muss jetzt noch den Bundesrat passieren. Mit einem Inkrafttreten des Gesetzes ist daher
nicht vor Februar 2013 zu rechnen.

Quelle: bmj.bund.de

Von redaktion