Berlin:
* Die deutsche Wirtschaft erweist sich als robust und widerstandsfähig. Trotz
eines schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds und rezessiver Tendenzen in
der Eurozone wächst sie weiter, wenn auch mit spürbar gedämpfter Dynamik.
* Die Produktion in der Industrie und im Bau erholte sich im Juli merklich.
Die Industrieaufträge nahmen im Juli ebenfalls leicht zu und tendieren
insgesamt seitwärts. Die eingetrübte Stimmung in der Industrie hellte sich
nach den Umfragen im August seit Monaten erstmals wieder etwas auf.
* Die Exporte der deutschen Wirtschaft nahmen bis zuletzt kräftig zu. Die
Frühindikatoren deuten allerdings auf eine moderatere Expansion hin.
* Die schwächere Konjunktur
<http://www.bmwi.de/DE/Themen/Wirtschaft/konjunktur-und-statistiken.html>
wird zunehmend an der abnehmenden Dynamik auf dem Arbeitsmarkt sichtbar.
Die Beschäftigung nimmt aber weiter zu und stützt die Binnennachfrage.
Die deutsche Wirtschaft wächst, wenn auch mit merklich gedämpfter Dynamik. In
einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld erweist sie sich bislang weiterhin
als vergleichsweise robust und widerstandsfähig. Nach einem unerwartet
wachstumsstarken ersten Quartal erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt im zweiten
Quartal weiter um preis-, kalender-, und saisonbereinigt 0,3 %. Den aktuellen
Konjunkturindikatoren zufolge dürfte die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte
weiter recht stabil verlaufen. So konnten sich Stimmungsindikatoren nach
teilweise deutlichen Eintrübungen in den vorangegangenen Monaten im August wieder
leicht erholen. Gleichwohl gibt es keine Entwarnung. Die Abwärtsrisiken für die
Konjunktur überwiegen nach wie vor und bleiben beachtlich.
Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auf die durch die Euro-Staatsschuldenkrise
ausgelöste Vertrauenskrise zurückzuführen. Einer solchen Krise kann man nur mit
Maßnahmen begegnen, die die Erwartungen stabilisieren: einer
wachstumsorientierten Konsolidierungspolitik und einer glaubwürdigen
Reformpolitik. Anleihekäufe am Sekundärmarkt, wie sie die EZB jetzt angekündigt
hat, können allenfalls vorübergehend und bei krisenhafter Zuspitzung helfen, die
Geldversorgung der Wirtschaft sicherzustellen. Sie können aber Strukturreformen
und realwirtschaftliche Anpassung nicht ersetzen. Dauerhafte Zinssubventionen für
einzelne Länder würden Fehlanreize geben und sind nicht akzeptabel. Es ist
angezeigt und zu begrüßen, dass die EZB den Ankauf von Staatsanleihen an
Konditionen knüpfen wird. Dies bedeutet: Eine mögliche Unterstützung setzt
voraus, dass die begünstigten Länder ihre strukturellen Probleme auch angehen.
Auch wenn sich die Situation an den Finanzmärkten zuletzt wieder etwas entspannt
hat, bleibt die deutsche Wirtschaft von den teilweise deutlich rezessiven
Entwicklungen vornehmlich in den südeuropäischen Ländern nicht unberührt. So sind
die Warenausfuhren in den Euroraum, den nach wie vor wichtigsten deutschen
Exportmarkt, im ersten Halbjahr 2012 merklich unter dem Stand des Vorjahres
gefallen. Positiv ist allerdings, dass die deutschen Einfuhren aus dem Euroraum
wieder zunehmen. Dazu haben unter anderem auch Italien und Portugal beigetragen.
Dies könnten erste Anzeichen dafür sein, dass in diesen Ländern strukturelle
Veränderungen angestoßen wurden, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und so
zum Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte im Euroraum beitragen.
Nicht nur im Euroraum, auch in anderen wichtigen Industriestaaten wie den USA und
Japan sowie in großen Schwellenländern wie China hat sich die Wachstumsdynamik im
zweiten Quartal deutlich abgeschwächt. Vor diesem Hintergrund hatte der IWF in
seiner im Juli veröffentlichten Prognose die Wachstumsaussichten für die
Weltwirtschaft insgesamt zurückgenommen. Für das Jahr 2012 erwartet er einen
realen Anstieg des BIP von 3,5 % und für den Welthandel eine spürbare
Verlangsamung des Wachstums auf +3,8 %. Aus den einzelnen Wirtschaftsräumen
kommen dabei auch weiterhin sehr unterschiedliche Signale. In den USA zeigen sich
derzeit wieder leichte Anzeichen für eine Belebung der Konjunktur. Die dortigen
Frühindikatoren sind aber noch gemischt. Die Entwicklung der Weltwirtschaft
bleibt fragil, das Umfeld für die deutsche Außenwirtschaft per saldo vorerst
schwierig. Dennoch zeigen sich die deutschen Ausfuhren insgesamt in der Tendenz
weiter aufwärts gerichtet. Im Juli legten sie um 0,5 % zu. Ausschlaggebend für
die anhaltend positive Entwicklung sind die hohe Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft und ihr in den Wachstumsmärkten weiterhin gefragtes
Produktsortiment. Die nominalen Wareneinfuhren nahmen im Juli um 0,9 % zu.
Die wirtschaftlichen Aktivitäten im Produzierenden Gewerbe
<http://www.bmwi.de/DE/Themen/Industrie/statistische-daten.html> haben sich nach
schwacher Entwicklung zu Jahresbeginn in den letzten Berichtsmonaten wieder
deutlich belebt. Sowohl die Industrie- als auch die Bauproduktion expandierten im
Juli mit 1,7 % bzw. 1,9 % unerwartet kräftig. Die Industrie wurde dabei vom
wachsenden Auslandsgeschäft mit den Ländern außerhalb des Euroraums sowie von
einer zuletzt deutlichen Belebung des Inlandsabsatzes von Investitionsgütern
gestützt. Der Bau wird durch das unverändert sehr niedrige Zinsniveau begünstigt.
Die Chancen, dass sich diese konjunkturellen Kernbereiche der Wirtschaft trotz
des insgesamt schwierigen Umfeldes in der zweiten Jahreshälfte stabil entwickeln,
sind damit gestiegen. Dies ist durch die Entwicklung der Industrieaufträge
unterlegt, die bei einer leichter Erholung im Juli (+0,5 %) tendenziell seitwärts
gerichtet blieben. Die Stimmung in der Industrie ist zwar nach wie vor belastet.
Im August zeigten sich aber nach mehrmonatiger Eintrübung sowohl beim
ifo-Geschäftsklimaindex als auch beim Markit/BME-Einkaufsmanagerindex leichte
Aufhellungen. Nach der rückläufigen Entwicklung der Industrieproduktion im ersten
Halbjahr dieses Jahres zeichnet sich nach den vorliegenden Konjunkturindikatoren
nunmehr eine Bodenbildung ab.
Die Auswirkungen der im bisherigen Jahresverlauf schwächeren konjunkturellen
Dynamik werden zunehmend am Arbeitsmarkt sichtbar. Seit dem Frühjahr ist wieder
ein allmählicher Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Im August nahm sie
wie bereits im Monat zuvor saisonbereinigt um 9.000 Personen zu. Der Aufbau der
Beschäftigung setzt sich aber fort. Die Erwerbstätigkeit nimmt, gestützt auf das
Wachstum der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, weiter zu. Mit einem
Plus von saisonbereinigt 16.000 Personen fiel der Beschäftigungsaufbau im Juli
konjunkturbedingt aber merklich schwächer aus als in den Monaten zuvor.
Obgleich die abnehmende Dynamik am Arbeitsmarkt nicht zu übersehen ist, stützt er
weiterhin die Konjunktur. Neben dem Anstieg der Löhne bleibt das anhaltende
Beschäftigungswachstum der entscheidende Faktor für die Zunahme der verfügbaren
Einkommen. Dies sorgt trotz gestiegener konjunktureller Skepsis der Verbraucher
für ein stabiles Konsumklima und eine solide Basis für eine anhaltend positive
Entwicklung der privaten Konsumausgaben. Diese haben im bisherigen Jahresverlauf
die Binnennachfrage maßgeblich gestützt. Dies dürfte sich in der zweiten
Jahreshälfte fortsetzen. Maßnahmen wie die von der Bundesregierung beschlossene
Senkung des Rentenbeitrags und die von der Bundesregierung und dem Deutschen
Bundestag beschlossene Steuerreform zur Bekämpfung der Kalten Progression sind
unter anderem Beiträge zur Stabilität des Konsumklimas und damit der
Binnennachfrage.
Quelle.bmwi.de