Berlin:
Bundesverbraucherministerin Aigner zieht nach einem Jahr Bilanz –
Täuschungsschutz bei Lebensmitteln weiter verbessern
Ein Jahr nach dem Start des vom Bundesverbraucherministerium geförderten Internet-Portals „lebensmittelklarheit.de“ zieht Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner eine positive Bilanz: „Das Projekt ist ein großer Gewinn für den Verbraucherschutz, für Wahrheit und Klarheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln.“ Mehr als 5000 Produkte wurden bisher von Verbraucherinnen und Verbrauchern gemeldet und 1500 Fachfragen von Nutzern beantwortet. Zahlreiche Besucher des Portals nutzten das breite Informationsangebot der Website, um sich über die Kennzeichnung von Lebensmitteln und neue Werbetrends zu informieren. Die Redaktion des Portals berichtet, dass 90 Prozent der Anbieter kurzfristig auf die Anfragen zu den betreffenden Lebensmitteln reagieren. Bei rund einem Drittel der im Portal genannten Produkte wurde auf die Kritik der Verbraucher eingegangen und die Verpackung bzw. Aufmachung entsprechend geändert. „Das Portal ist ein Erfolgsprojekt. Es sorgt für mehr Transparenz für die Verbraucher und verschafft ihren Wünschen Gehör – durch einen neuartigen Dialog mit der Wirtschaft“, so Aigner. Das Bundesverbraucherministerium nutzt das Portal als Seismograph: Die Ergebnisse der Diskussion im Portal und der Begleitforschung werden 2013 abschließend ausgewertet, um zu ermitteln, ob Handlungsbedarf besteht und welche Rahmenbedingungen geändert werden müssen. „Wir wollen den Täuschungsschutz bei Lebensmitteln kontinuierlich verbessern“, sagte die Ministerin am Montag in München.
Die Beliebtheit der von den Verbraucherzentralen betriebenen Internetseite unterstreicht eine repräsentative Umfrage: Demnach kennt bereits jeder dritte Verbraucher in Deutschland das Internetportal (34 %). 82 Prozent der befragten Bürger halten es für eine nützliche Einrichtung. 72 Prozent meinen, das Portal „lebensmittelklarheit.de“ könne die Industrie dazu bewegen, Produkte ehrlicher zu beschreiben (Umfrage: Marktforschungsinstitut Biehl & Partner, 1800 Haushalte bundesweit, August 2011 und Januar 2012).
Gestaltet und gestartet hat das Portal der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit Unterstützung der Verbraucherzentrale Hessen. Diese hat mit dem Portal einen neuartigen Dialog zwischen Verbrauchern und Wirtschaft erprobt, der durch den direkten und öffentlichen Meinungsaustausch über Produktgestaltungen für mehr Transparenz auf dem Lebensmittelmarkt sorgt. Bewährt hat sich der innovative Ansatz, durch eine bundesweite Anlaufstelle erstmals Verbraucherbeschwerden zentral zu sammeln und auszuwerten.
In Verbindung mit den begleitenden Verbraucherbefragungen ergibt sich mit Hilfe des neuen Internetportals ein aussagekräftiges, statistisch abgesichertes Bild über die Verbrauchererwartung an die Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln. Aus der Diskussion im Internetportal wird auch deutlich, dass viele Verbraucher, die sich getäuscht fühlen, oft unzureichend informiert sind oder Irrtümern aufsitzen. So konnte die Verbraucherzentrale bei jeder fünften Produktmeldung (rund 960 von 5000), die an die Redaktion gesendet wurde, kein Täuschungspotenzial erkennen. Die Verbraucher wurden entsprechend informiert und die gemeldeten Produkte wurden nicht ins Portal aufgenommen – ein weiteres Zeichen für einen fairen Umgang des Portals mit der Wirtschaft.
Gleich zum Start am 20. Juli 2011 verzeichnete das Portal einen enormen Ansturm, den die Internet-Server nur mit Mühe bewältigen konnten. Wegen des großen Nutzeransturms wurde die Fördersumme um rund 200 000 Euro aufgestockt. Rund 40 000 Euro wurden zudem kürzlich zur Erhöhung der Mittel für die Begleitforschung genehmigt. Insgesamt beträgt die Förderung des Portals durch das Bundesministerium nunmehr rund eine Million Euro für die Projektlaufzeit bis Ende 2012.
Im Rahmen der Initiative „Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln“ setzt sich das Bundesverbraucherministerium neben dem Internetportal auf verschiedensten Ebenen für die Verbesserung des Täuschungsschutzes bei Lebensmitteln ein:
1. Neues Kennzeichnungsrecht
Mit der neuen EU-Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) werden ab Dezember 2014 unter anderem folgende Regelungen verbindlich:
– Vorgaben zur besseren Lesbarkeit (u. a. Mindestschriftgröße),
– eine klarere Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten,
– eine verbesserte Allergenkennzeichnung;
Ab Dezember 2016 folgt die verpflichtende Nährwertinformation auf verpackter Ware.
2. Gesundheitsbezogene Angaben nur nach Zulassung
Nach der so genannten EU-Health-Claims-Verordnung dürfen ab Dezember 2012 in Europa nur noch gesundheitsbezogene Angaben verwendet werden, die wissenschaftlich abgesichert und zugelassen sind. Die von der EU-Kommission genehmigte Positivliste umfasst vorerst 222 zugelassene gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, etwa über die Rolle von Calcium für gesunde Knochen oder von Vitamin C für das Immunsystem. Gerade für Lebensmittel, für die mit einem besonderen Zusatznutzen geworben wird und die häufig teurer sind als andere Produkte, muss der Grundsatz gelten: „Was drauf steht, muss auch stimmen.“ Ursprünglich sind aus den EU-Staaten mehr als 44 000 Anträge zur Prüfung eingereicht worden. Die Bewertung von rund 2 000 Angaben zu pflanzlichen Stoffen sowie zu etwa 200 anderen Stoffen steht noch aus, unter anderem zu verschiedenen Mikroorganismen.
3. Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs
Die Mitglieder der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission und der Fachausschüsse überprüfen sukzessive, ob die Leitsätze mit Blick auf mehr Verbraucherfreundlichkeit geändert werden müssen, insbesondere was bildliche Darstellungen betrifft. Die Fachausschüsse bereiten entsprechende Empfehlungen vor, über die die Kommission beschließen wird. Die von den Verbraucherzentralen im Portal lebensmittelklarheit.de gesammelten Erkenntnisse können als entsprechende Anträge zur Änderung der Leitsätze an die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission gestellt werden.
4. Fachtagung zum Täuschungsschutz im November 2012
Die Ergebnisse der Begleitforschung und die Auswertung der Diskussionen im Internetportal werden voraussichtlich bis Ende 2012 vollständig vorliegen. Im Rahmen einer Fachtagung zur Verbesserung des Täuschungsschutzes bei Lebensmitteln im November dieses Jahres soll weiter an Lösungsansätzen gearbeitet werden.
5. Verhaltenskodex der Wirtschaft
Indem sich die Lebensmittelbranche freiwillig Verhaltensregeln gibt, könnten bestimmte Vermarktungspraktiken schnell und unbürokratisch eingeschränkt und damit für mehr Klarheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher gesorgt werden. Sobald belastbare Ergebnisse aus dem Portal vorliegen, werden darüber Gespräche mit der Wirtschaft aufgenommen.
Darüber hinaus setzt sich Bundesministerin Aigner für eine glaubwürdige und verlässliche Regionalkennzeichnung ein. Aufgrund eines im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums erstellten Gutachtens hat sich Aigner für das Konzept eines Regionalfensters ausgesprochen, das den Anwendern einen Rahmen bieten soll, um Informationen zur regionalen Herkunft des Produkts und der verwendeten Rohstoffe darzustellen. Die Verwendung wird freiwillig sein. In mehreren, über das Bundesgebiet verteilten Modellvorhaben wird das Konzept derzeit erprobt.
Weitere Informationen zum Internetportal und zur BMELV-Initiative „Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln“ unter
www.bmelv.de/klarheit-und-wahrheit
Quelle: bmelv.bund.de