Berlin:
Bundesregierung stellt Roadmap Bioraffinerien auf der ACHEMA vor / Staatssekretär Schütte: „Chemische Industrie steht vor einem Wandel“

 

Noch sind Erdöl und Erdgas die vorherrschenden Rohstoffe der chemischen Industrie. Doch schon bald könnte sich das grundlegend ändern: Die Zukunft gehört nach Meinung von Experten den nachwachsenden Rohstoffen. Dies ist einer der zentralen Befunde der Roadmap Bioraffinerien, die die Bundesregierung am Montag auf der Fachmesse für chemische Technik ACHEMA in Frankfurt am Main vorgestellt hat. 30 Fachleute aus Wissenschaft und Wirtschaft haben das umfangreiche Papier erstellt. „Bioraffinerien werden die zentralen Produktionsanlagen einer künftigen Bioökonomie sein“, sagte Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Damit die pflanzliche Biomasse verarbeitet und in eine Vielzahl von Produkten verwandelt werden kann, sind technische Multifunktionsanlagen gefragt, so genannte Bioraffinerien. Einige Pilotanlagen gibt es bereits in Deutschland.

Staatssekretär Schütte stellte ein weiteres zentrales Ergebnis des Expertenpapiers vor: „Damit Bioraffinerien die Pflanzen möglichst vollständig nutzen können, brauchen wir noch viel Forschung und Entwicklung. Nur so kann es gelingen, dass die Bioökonomie einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourceneffizienz leistet.“ Die Roadmap Bioraffinerien ist Teil des Aktionsplans der Bundesregierung zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe, der 2009 beschlossen wurde. Die Roadmap ist unter Federführung vom Forschungs- und Landwirtschaftsministerium und mit enger Einbindung von Umwelt- und Wirtschaftsministerium entstanden.

Um den Strukturwandel zu einer bio-basierten Industrie zu beschleunigen, sind neue Formen der Zusammenarbeit von Forschern und Industriepartnern gefragt. Deshalb hat das BMBF die „Innovationsinitiative industrielle Biotechnologie“ aufgelegt. Die Förderung ist Teil der „Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030“. Aufgefordert zur Bewerbung sind strategische Allianzen unter Federführung eines Wirtschaftsunternehmens. Dabei sollen bevorzugt Partner aus verschiedenen Industriezweigen zusammenfinden, die bisher wenig kooperiert haben.

Auf der ACHEMA wurden nun die ersten Allianzen vorgestellt. „Die zur Förderung ausgewählten strategischen Allianzen haben das Zeug dazu, unsere Industrie nachhaltig zu verändern“, sagte Schütte. „Wir fördern hier Vorzeigeprojekte, die wegweisend für die Bioökonomie sind.“ Die Allianz Zero Carbon Footprint wird vom Energiekonzern RWE Power AG koordiniert. Die 21 Partner aus Forschung und Industrie aus dem ganzen Bundesgebiet haben sich vorgenommen, kohlenstoffreiche Abfallströme wie Abwässer oder Rauchgas aus Kohlekraftwerken biotechnologisch zu verwerten. Die Partner suchen nach Mikroorganismen, die zum Beispiel Kohlendioxid aus Abgasen in hochwertige Produkte wie etwa Biokunststoffe umwandeln können. Das Gesamtvolumen der Forschungsprojekte, die von der Allianz in den nächsten neun Jahren vorgesehen sind, beläuft sich auf bis zu 46 Millionen Euro. Die Fördermittel des BMBF betragen die Hälfte des Gesamtvolumens einer Allianz.

Die Allianz Funktionalisierung von Polymeren wird von einer mittelständischen Biotechnologie-Firma geleitet: der evocatal GmbH aus Düsseldorf. Zu den Partnern der Allianz gehört der Bauchemieproduzent SIKA, der Betonverflüssiger auf der Basis nachwachsender Rohstoffe herstellen will. Der ebenfalls beteiligte Hersteller von Textilgarnen Coats ist an neuartigen Funktionalisierungen von Polymerfasern interessiert, während der Waschmittelhersteller Henkel an Reinigungsenzymen für solche Fasern arbeitet. Die Allianz will in den nächsten fünf Jahren rund 8 Millionen Euro in Forschungsprojekte investieren. Die Hälfte kommt auch hier vom BMBF.

Die Allianz „NatLifE“ wird ebenfalls von einer mittelständischen Biotechnologie-Firma angeführt: der B.R.A.I.N. AG aus dem hessischen Zwingenberg. Die Allianz entwickelt Inhaltsstoffe für Lebensmittel und Kosmetika aus natürlichen Quellen. Innerhalb von neun Jahren sind rund 30 Millionen Euro für Forschungsprojekte vorgesehen.

Quelle: bmbf.de

 

 

Von redaktion