München:
Bayern lehnt den Gesetzentwurf der Ampelregierung
für den Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern weiterhin ab
Justizminister Eisenreich: „Der Gesetzentwurf ist realitätsfern, legt
Strafverfolgern Steine in den Weg und belastet unnötig unsere ohnehin
stark geforderten Gerichte.“ / „Ich habe keinerlei Verständnis für die
Haltung des Bundesjustizministers.“ Der Deutsche
Bundestag plant im Herbst über den Gesetzentwurf der Bundesregierung
zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen
(V-Leuten) zu beraten. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz lehnt
das Gesetz in großer Übereinstimmung mit dem bayerischen Innenministerium
und den bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften weiterhin ab. Bayerns
Justizminister Georg Eisenreich: „Unser Rechtsstaat muss
Bürgerinnen und Bürger schützen. Die Ampelregierung macht
mit diesem Gesetz das Gegenteil. Sie will Ermittlungsmöglichkeiten,
die sich auch zum Schutz vor extremistischen Anschlägen auswirken,
stärker begrenzen. Extremisten, Clan-Kriminelle oder Menschenhändler
schotten sich zunehmend ab. Der Einsatz von V-Leuten hat sich in vielen
Fällen als – oftmals einziges – wirksames Mittel im Kampf
gegen Extremismus und Organisierte Kriminalität erwiesen. V-Leute
liefern wichtige Insider-Informationen im Kampf gegen das Verbrechen. Die
Neuregelung erschwert den Einsatz von V-Leuten und droht, eine wichtige
Ermittlungsmaßnahme zum Enttarnen krimineller Strukturen erheblich
zu belasten.“
Der Minister: „Der strafprozessuale Einsatz von V-Leuten auf Basis des geltenden
Rechts ist seit vielen Jahren höchstrichterlich und auch vom Bundesverfassungsgericht
anerkannt. Es besteht Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, ein Regelungsbedarf
besteht daher nicht.“ Insoweit ist nicht nachvollziehbar, warum zur
Begründung eines Regelungsbedarfs auf Erkenntnisse aus den NSU-Untersuchungsausschüssen
Bezug genommen wird. Dabei ging es schlicht nicht um strafprozessuale Einsätze
von V-Leuten. Der Minister: „Vor dem Hintergrund
der anhaltenden Gefahr durch terroristische Straftaten habe ich keinerlei
Verständnis für die Haltung des Bundesjustizministers. Den Worten
der der Ampelregierung müssen Taten folgen. Das ist mit diesem Gesetz
gerade nicht der Fall.“ Bislang
sieht die Strafprozessordnung eine ausdrückliche Regelung nur für
Verdeckte Ermittler vor, d.h. Polizisten, die über einen längeren
Zeitraum unter falscher Identität (sog. Legende) verdeckt ermitteln.
Der Einsatz von V-Leuten (d.h. von Privatpersonen, die den Strafverfolgungsbehörden
Informationen beschaffen) kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
und des Bundesverfassungsgerichts ohne weiteres auf die Ermittlungsgeneralklausel
der Strafprozessordnung gestützt werden. Die Gesetzesreform sieht
u.a. folgende strenge Auflagen für einen Einsatz von V-Leuten vor:
Richtervorbehalt:
Der Einsatz von V-Leuten muss nun auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch
das Gericht angeordnet werden. Eisenreich: „Dem Gesetzentwurf
liegt ein völlig unbegründetes Misstrauen in die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden
und insbesondere in das Ermittlungsinstrument der V-Person zugrunde. Der
Richtervorbehalt würde einen unabsehbaren Mehraufwand an erforderlichen
Einzelgenehmigungen erfordern und unsere Gerichte weiter unnötig belasten.“
Strenge Regeln zum
Kernbereichsschutz: V-Leute sollen laut Gesetzentwurf künftig
nicht mehr in besonders enge Nähebeziehungen zu Zielpersonen treten.
Eisenreich: „Das ist aus Sicht unserer Ermittler
lebensfremd. Wie soll sich ein V-Mann ohne engste persönliche Kontakte
Zugang beispielsweise zum inneren Kreis krimineller Clans oder von Menschenhändlerringen
verschaffen?“ Dokumentationspflichten:
Der Gesetzentwurf schreibt Wortlautprotokolle für die Gespräche
der V-Leute-Führer mit ihren V-Leuten vor. Eisenreich:
„Die Wiedergabe des Wortlauts oder schon die Preisgabe des Treffpunkts
mit den Ermittlern könnten dazu führen, V-Leute zu enttarnen
und in Gefahr zu bringen.“
Höchsteinsatzzeit: Zuverlässige V-Leute
brauchen oft Jahre, um sich in ermittlungstaktisch interessante Hierarchieebenen
einer kriminellen Struktur heraufzuarbeiten. Nun soll eine Einsatzdauer
für V-Leute grundsätzlich auf zehn Jahre begrenzt werden. Eisenreich:
„Die Reform kann dazu führen, dass besonders zuverlässige
V-Leute mit Zugang in höchste Kriminalitätskreise nur aufgrund
einer abstrakten Frist künftig nicht mehr zur Verfügung stehen.“
Minister Eisenreich:
„Ich habe im April im Bundesrat bereits darauf hingewiesen: Dieser
Gesetzentwurf ist realitätsfern, legt den Strafverfolgern Steine in
den Weg und belastet unnötig unsere ohnehin stark geforderten Gerichte.
Ich empfehle dem Bundesjustizminister dringend einen Besuch vor Ort und
einen Blick in die Praxis.“
Quelle:stmwj.bayern.de