Berlin:
Beschleunigung von Netzanschlüssen für Erneuerbare-Energien-Anlagen im Kabinett beschlossen
Massentaugliches Zertifizierungsverfahren durch Vereinfachung und Digitalisierung
Das Bundeskabinett hat heute den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
vorgelegten Entwurf einer Verordnung zur Änderung der
Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV) beschlossen. Ziel ist, den
Netzanschluss von Erneuerbaren Anlagen zu beschleunigen und Hürden abzubauen. Konkret soll der
Anschluss an den jeweiligen Netzverknüpfungspunkten der Verteilnetzbetreiber so schnell wie möglich
vorgenommen werden, in dem Zertifizierungsverfahren massentauglicher organisiert werden und eine
stärkere Digitalisierung erfolgt. Dies gilt insbesondere für Erneuerbare- Anlagen im Segment bis
500 Kilowatt, wo der größte Zubau zu erwarten ist. Diese Anlagen stehen deshalb im Fokus der
Neuroeuregelungen. Von den Änderungen werden speziell Photovoltaik-Dachanlagen sowohl auf gewerblichen
als auch auf privat genutzten Immobilien profitieren.
Die Verordnung ist Teil eines umfangreichen Gesamtpakets zur Weiterentwicklung und Modernisierung
des Nachweisverfahrens (Zertifizierungsverfahrens) für die technischen Mindestanforderungen von
Stromerzeugungs- und Speicheranlagen. Es wurde gemeinsam vom BMWK und der Bundesnetzagentur unter
enger Beteiligung der Branche erarbeitet, um eine praxistaugliche Lösung zu sichern. Das
Regelungspaket besteht aus der Novellierung der NELEV, der Schaffung einer die NELEV ergänzenden
neuen Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung (EAAV) sowie Änderungen des
Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) im Rahmen der EnWG-Novelle 2023 und des Solarpakets.
Mit dem Regelungspaket soll das bisherige Zertifizierungsverfahren der technischen Anforderungen
von Stromerzeugungsanlagen und -speichern massentauglich und im Sinne der Beschleunigung von
Netzanschlüssen weiter entwickelt werden. Hierfür sind deutliche Vereinfachungen vorgesehen.
Gleichzeitig wird durch die Berücksichtigung von Systemsicherheitsaspekten das hohe bisherige
Sicherheitsniveau der elektrischen Energieversorgung auch zukünftig gewährleistet bleiben. Durch
die Einführung eines über das Internet zugänglichen, verpflichtenden Registers für Einheiten- und
Komponentenzertifikate werden zudem Grundlagen für digitale Prozesse im Netzanschlussverfahren
geschaffen.
Darüber hinaus hat das Bundeskabinett heute weitere Beschlüsse im Bereich des Energierechts und
Energiewirtschaftsrechts getroffen.
So wurde der Gesetzentwurf zur Verlängerung des sogenannten „Gasspeichergesetzes“ (§§ 35a ff. EnWG)
im Gesetz beschlossen. Diese Regelungen sollen um zwei Jahre bis 31. März 2027 verlängert werden.
Damit sollen die wichtigen Füllstandsvorgaben für Gasspeicher fortgelten (1. September: 75 Prozent;
1. Oktober: 85 Prozent; 1. November: 95 Prozent;
1. Februar: 40 Prozent). Derzeit liegt der Füllstand der deutschen Speicher im Schnitt bei rund 94
Prozent. Das Zwischenziel für September von 75% wurde also bereits deutlich übertroffen.
Daneben wurde auch eine Verlängerung der Möglichkeit der temporären Höherauslastung des
Höchstspannungsnetzes (§ 49b EnWG) vom Bundeskabinett verabschiedet. Neben dem beschleunigten
Stromnetzausbau kommt kurzfristig auch der Optimierung der bestehenden Stromnetze eine wichtige
Bedeutung zu. Seit Beginn der Legislaturperiode wurde bereits erreicht, dass innovative Leiterseile
deutlich schneller und unbürokratischer in bestehenden Trassen aufgelegt werden können. Zusätzlich
zu diesen Maßnahmen hat das Kabinett nun die Möglichkeit geschaffen, dass die bisher nur für den
Zeitraum bis Ende März 2024 vorgesehene temporäre Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes um drei
Jahre bis Ende März 2027 verlängert wird. Damit reagiert die Bundesregierung auf die seit dem 1.
Januar 2023 gewonnenen positiven praktischen Erfahrungen mit der temporären Höherauslastung.Nähere
Informationen zur Beschleunigung von Netzanschlüssen von Erneuerbaren-Anlagen (Verordnung zur
Änderung der Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV)
1. Ausweitung der bisherigen Ausnahme von der Zertifizierungspflicht
Ein zentraler Punkt ist die erhebliche Ausweitung der bisher in der NELEV vorgesehenen Ausnahme von
der Zertifizierungspflicht. Diese galt bislang nur für Anlagen mit Anschluss an ein öffentliches
Niederspannungsnetz. Sie soll zukünftig unabhängig von der Spannungsebene für alle Anlagen gelten,
die eine maximale installierte Gesamtleistung von bis zu 500 Kilowatt und eine maximale
Einspeiseleistung von 270 Kilowatt aufweisen. Dadurch bedarf es keiner Anlagenzertifikate mehr für
diese Anlagen. Ausreichend ist vielmehr ein vereinfachter Nachweis, der im Wesentlichen über
Einheiten- und Komponentenzertifikate der Hersteller erbracht werden kann.
Um die Anwendung dieser Ausnahmeerweiterung möglichst schnell zu ermöglichen, aber gleichzeitig die
Systemsicherheit des Stromnetzes zu wahren, wird zeitnah eine Überarbeitung der Technischen
Anschlussregeln (TAR) durch das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE Verband der Elektrotechnik
Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE-FNN) erfolgen. In der Übergangsphase bis zum Abschluss der
Anpassung der TAR werden einige wenige zusätzliche materielle technische Anforderungen in
vereinfachter Form in einer separaten Verordnung – der EAAV – geregelt, die voraussichtlich im
November vom Bundeskabinett beschlossen werden soll.
2. Schaffung eines Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate
Die zweite zentrale Säule des Regelungspakets ist die Schaffung eines verpflichtenden digitalen
Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate sämtlicher Spannungsebenen. Die Einrichtung
eines solchen Registers ist von der Energiebranche schon länger gefordert worden. Das Register in
Form einer über das Internet zugänglichen Datenbank dient als Grundlage für die Digitalisierung und
Marktüberwachung. Dadurch wird der Netzanschlussprozess für die Anlagenbetreiber und Netzbetreiber
vereinfacht sowie mehr Verbindlichkeit bei der Einhaltung der technischen Anforderungen erreicht.
Das Register funktioniert so, dass Hersteller von zertifizierungspflichtigen Einheiten oder
Komponenten die Zertifikate nach Erstellung an das Register übermitteln müssen. Der Betreiber des
Registers wird in dem Register den aktuellen Status eines jeden Zertifikates, speziell dessen
Gültigkeit, anführen. Der Netzbetreiber kann sich dann im Rahmen des Netzanschlussprozesses auf den
in dem Register angegebenen Status verlassen und muss auch keine eigenständige Prüfung der
Zertifikate mehr vornehmen. Zukünftig müssen die Anlagenbetreiber dem Verteilnetzbetreiber nur noch
die Zertifikatnummer des in ihrer Anlage verbauten Wechselrichters nennen. Der Netzbetreiber kann
automatisiert alle notwendigen Daten aus dem neuen zentralen und digitalen Register für Einheiten-
und Komponentenzertifikate beziehen. Für den Anlagenbetreiber entfällt damit ein erheblicher
bürokratischer Aufwand.
Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel, denn bisher werden die erforderlichen Nachweise zwischen
Anlagenbetreibern, Zertifizierungsstellen und Netzbetreibern mühsam in Papierform oder in Gestalt
von E-Mail-Anhängen ausgetauscht sowie anschließend in parallelen, nicht miteinander
interagierenden Datenbanken der Netzbetreiber erfasst, ohne dass eine verbindliche zentrale
Erfassung erfolgen würde. Im Vergleich zum Status quo ist das neue Verfahren deshalb nicht nur
schneller, sondern insbesondere leichter verständlich, digitaler und dadurch massentauglicher. Die
wesentlichen Regelungen zu dem neuen Register werden im Rahmen des Solarpakets in das EnWG
eingefügt. Sie werden durch Regelungen in der NELEV konkretisiert.
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2023/09/20230913-beschleunigung-von-netzanschluessen-fuer-erneuerbare-energien-anlagen.html