Brüssel:
Europäisches Parlament bestätigt Einigung zur Reform des EU-Emissionshandel
Das Europäische Parlament hat heute die politische Einigung zur Reform des EU-Emissionshandels vom
18.12.2022 bestätigt, nach den Mitgliedstaaten im Februar im sog. Rat der ständigen Vertreter
(AStV). Es wird nun noch eine formale Befassung im Rat geben, bevor die Reform in Kraft treten
kann.
Der Europäische Emissionshandel wird auf fast alle Sektoren ausgeweitet, insbesondere auf die
Bereiche Gebäude und Verkehr. Darauf hatten sich am 18.12.2022 das Europäische Parlament, der Rat
und die Europäische Kommission im Rahmen der sogenannten Trilog-Verhandlungen geeinigt. Ca. 85
Prozent aller europäischen CO2-Emissionen sind damit zukünftig an Zertifikate bzw. Emissionsrechte
gebunden. Deren Menge sinkt kontinuierlich ab – entsprechend der europäischen Klimaziele.
Mit diesem Durchbruch werden endlich in ganz Europa auch die bislang schwierigen Sektoren Verkehr
und Gebäude stärker in die Pflicht genommen. Verschiedene Vorkehrungen sorgen ohne Beeinträchtigung
des Emissionsminderungsziels dafür, dass die Preise nicht zu stark ansteigen können und im
Gebäude- und Verkehrsbereich schon ab 45 Euro pro Zertifikat abgefedert werden. Die EU hat sich
damit auf den zentralen Hebel bei der Absenkung der Treibhausgase bis 2030 geeinigt und ebnet ihren
Weg zur vollständigen Treibhausgasneutralität bis 2050.
Staatsekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Sven Giegold:
„Wir haben erreicht, dass der Emissionshandel auf fast alle Sektoren ausgeweitet wird. Damit gibt
es einen verbindlichen Deckel für Treibhausgasemissionen. Die Einigung ist wegweisend für die
Klimaziele der EU. Diese Reform des EU-Emissionshandels stellt die Weichen für den Umbau der
europäischen Wirtschaft hin zu Klimaneutralität. Damit setzt die EU auch weltweit neue Maßstäbe im
Klimaschutz. Gleichzeitig lassen wir niemanden zurück. Mit dem Klimasozialfonds werden
einkommensschwache Haushalte und finanziell schwächere Kleinstunternehmen nicht allein gelassen.
Um die finanziellen Belastungen der zusätzlichen CO2-Bepreisung für einkommensschwächere Haushalte
abzufedern, wird ein neuer Klimasozialfonds in Höhe von 65 Milliarden Euro eingerichtet. Mit dem
anfangs etwas langsameren Einstieg in den CO2-Grenzausgleich und der Stärkung des Innovationsfonds
enthält die Einigung auch eine gute Balance bei der Dekarbonisierung der europäischen Industrie:
Sie erhält bis 2030 mehr Raum und auch mehr Unterstützung für notwendige
Dekarbonisierungsmaßnahmen. Ein Review in 2025 ermöglicht zudem weitere mit dem WTO-Recht
kompatible Nachbesserungen beim Carbon Leakage-Schutz, sollte dies als erforderlich angesehen
werden.
Mit der Einigung zum europäischen Emissionshandel ist nun der größte Teil des Fit-for-55-Programms
ausverhandelt. Das Programm enthält alle Maßnahmen mit der die EU-Mitgliedstaaten ihre verschärften
Klimaziele – die CO2-Emissionen der EU müssen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 absinken –
erreichen wollen.Überblick zum EU-Emissionshandel:
Schärfere Regeln für den Emissionshandel
Die Trilog-Einigung sieht vor, die Menge der CO2-Zertifikate – die Emissionsrechte – im
EU-Emissionshandelssystem (ETS-1) bis 2030 im Vergleich zu 2005 schrittweise um 62 Prozent zu
senken (bisher 43 Prozent). Auch die Regeln für die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten wurden
umfangreich überarbeitet. Insbesondere sollen effiziente Unternehmen künftig von einer
kostenlosen Zuteilung profitieren, wohingegen ineffiziente Anlagen Kürzungen befürchten müssen,
wenn sie keine Effizienzmaßnahmen durchführen. Die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für den
Luftfahrtbereich und für die Industriesektoren, die künftig durch den CO2-Grenzausgleich vor
einem Carbon Leakage Risiko geschützt werden, soll stufenweise auslaufen. Außerdem wird der
Seeverkehr ab 2024 in den Emissionshandel einbezogen. Damit deckt der ETS-1 dann fast die Hälfte
aller europäischen Treibhausgasemissionen und die größten Quellen für klimaschädliche
Treibhausgase ab: im Energiesektor, in der energieintensiven Industrie sowie im See- und
Luftverkehr.
Ein Teil der Einnahmen fließt in den Innovationsfonds, der Investitionen in klimafreundliche
Technologien fördert. Im Vergleich zur derzeitigen Größe des Fonds wurden zusätzlich etwa 85
Millionen Zertifikate hinzugefügt, die u.a. aus der Einbeziehung des Seeverkehrs und aufgrund der
Einführung des CO2-Grenzausgleichs gewonnen werden. Das Volumen des Innovationsfonds beläuft sich
damit auf geschätzt etwa 40 Mrd. EUR für den Zeitraum 2021-2030.
Neuer Emissionshandel für Gebäude, Verkehr und Prozesswärme in der Kleinindustrie
Die Einigung sieht zudem vor, ab 2027 ein neues zusätzliches und eigenständiges
Emissionshandelssystem für Gebäude, den Straßenverkehr und Brennstoffe in bestimmten industriellen
Sektoren zu schaffen – ähnlich dem nationalen deutschen Brennstoffemissionshandel. Hier ist es auf
den letzten Metern noch gelungen, im europäischen ETS zusätzliche Emissionsmengen einzubeziehen.
Die Menge der Emissionsrechte soll um 5,10 Prozent und ab 2028 um 5,38 Prozent jährlich
zurückgehen. Kostenlose Emissionsrechte sind nicht vorgesehen, da die Preise von den
Brennstoffhändlern an die Verbraucher weitergegeben werden sollen, um die notwendigen
Klimaschutzanreize zu erzielen.
Klimasozialfonds
Ein neuer Klimasozialfonds soll den Mitgliedstaaten Finanzmittel zur Verfügung stellen, um die
sozialen Auswirkungen des vorgeschlagenen neuen Emissionshandelssystems ETS-II auszugleichen. Der
Fonds soll vor allem Investitionen in effizientere Gebäude und emissionsärmere Mobilität
unterstützen. Die Maßnahmen sollen hauptsächlich einkommensschwachen Haushalten und finanziell
schwächeren Kleinstunternehmen zugutekommen. Vorrübergehend können die Mitgliedstaaten über den
Fonds auch direkte Einkommensbeihilfen für besonders vulnerable Haushalte finanzieren.
Der Fonds hat eine Gesamthöhe von 65 Milliarden Euro über eine Laufzeit von 2026-2032 und wird
größtenteils aus Einnahmen des neuen ETS II für Gebäude und Straßenverkehr finanziert. Zusätzlich
werden die Mitgliedstaaten mit eigenen Haushaltsmitteln zu den durchgeführten Maßnahmen beitragen.
Durch einen entsprechenden Zuweisungsschlüssel der Gesamtmittel wird nicht nur ein solidarischer
Ausgleich innerhalb der Mitgliedstaaten, sondern auch europaweit zwischen allen Mitgliedstaaten
sichergestellt.
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2023/04/230418-europaisches-parlament-bestatigt-einigung-zur-reform-des-eu-emissionshandel.html
Quelle: abo-bmwi.de