München:

Kampf gegen Kinderpornografie / Bayern will Spielräume zur Speicherung von IP-Adressen nutzen / Bayerns Justizminister Eisenreich: „Wer die Verkehrsdatenspeicherung ablehnt, bremst unsere Ermittlerinnen und Ermittler bei der Bekämpfung dieser schweren Verbrechen aus.“

Bayern setzt sich erneut dafür ein, die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gelassenen Spielräume für die Speicherung von IP-Adressen im Kampf gegen schwere Verbrechen zu nutzen. Der Vorsitzende der 93. Justizministerkonferenz und bayerische Justizminister Georg Eisenreich: „Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 20. September die allgemeine Verkehrsdatenspeicherung zwar weiterhin für unionsrechtswidrig erklärt. Er hat aber Spielräume gelassen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass IP-Adressen gerade bei der Verfolgung von Kinderpornografie den einzigen Ermittlungsansatz darstellen können. Der Kampf gegen die steigenden Fallzahlen von Kinderpornografie und sexuellem Kindesmissbrauch zeigt deutlich: Fehlende Verkehrsdatenspeicherung kann verhindern, dass wir Straftaten aufklären und zum Teil noch laufenden Kindesmissbrauch stoppen können.“

Bereits im Herbst 2019 hatte die Justizministerkonferenz festgestellt, dass eine verbindliche Verkehrsdatenspeicherung für die erfolgreiche Bekämpfung von Straftaten im digitalen Zeitalter aus rechts- und sicherheitspolitischer Sicht unverzichtbar ist. Bayern bringt nun bei der 93. Justizministerkonferenz in Berlin am 10. November erneut einen Antrag dazu ein.

Justizminister Eisenreich: „Der Anstieg der Zahlen im Bereich Kinderpornografie ist erschreckend. Im vergangenen Jahr verzeichnete allein die bayerische Polizei mit mehr als 5000 Fällen fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Sie befürchtet in diesem Jahr einen weiteren Anstieg um etwa ein Drittel. Und dies ist nur das Hellfeld. Wer die Verkehrsdatenspeicherung ablehnt, bremst unsere Ermittlerinnen und Ermittler bei der Bekämpfung dieser schweren Verbrechen aus.“

Den Vorschlag der Bundesregierung hält Justizminister Eisenreich für untauglich: „Weder das Quick-Freeze-Verfahren noch die Log-in-Falle können die verpflichtende Speicherung von IP-Adressen ersetzen.“ Bundesjustizminister Buschmann bezeichnet hingegen „Quick-Freeze“ als bessere und bürgerrechtsfreundliche Alternative. Bei diesem Verfahren werden die Verkehrsdaten direkt nach der Entdeckung der Tat aufgrund von Einzelfallanordnungen eingefroren. Eisenreich warnt: „Mit Quick Freeze können unsere Behörden Daten erst einfrieren, nachdem ihnen die Straftat bekannt geworden ist. Wenn die Anordnung erfolgen kann, sind aber die Verbindungsdaten in der Regel längst gelöscht. Anders gesagt: Wenn keine Daten gespeichert sind, kann man auch nichts einfrieren. Wenn der Bundesjustizminister das Quick-Freeze-Verfahren als echte Alternative darstellt, dann ist das entweder bewusste Augenwischerei oder Unkenntnis.“

Auch die im Koalitionsvertrag der Ampel genannte „Log-in-Falle“ ist keine überzeugende Lösung. Bei einem Anfangsverdacht informiert die Staatsanwaltschaft bei diesem Verfahren die Plattform. Diese aktiviert dann eine Falle, um die IP-Adresse abzugreifen, wenn sich der Nutzer erneut in den Account einloggt. Der Minister: „Für Fälle von Kinderpornografie dürfte das kaum etwas bringen. IP-Adressen werden in diesem Bereich häufig im Rechtshilfeweg gewonnen. Oft wird für jede Tat eine neue Mail-Adresse oder ein neuer Account verwendet. Der Vorschlag geht an der Realität vorbei.“

Bei der Verkehrsdatenspeicherung geht es nicht um die Speicherung von Inhalten, sondern um die Speicherung von Verbindungsdaten, insbesondere um die Zuordnung von IP-Adressen zu Personen. Eisenreich: „Ich will weder den gläsernen Bürger noch einen Überwachungsstaat. Aber bei schweren Straftaten brauchen unsere Ermittler einen befristeten Zugriff auf IP-Adressen.“

Bayern fordert den Bundesjustizminister deshalb auf, keine weitere Zeit im Kampf gegen Kinderpornografie verstreichen zu lassen. Eisenreich: „Wir müssen die vom EuGH erneut bestätigten Handlungsspielräume endlich nutzen. Es ist unverständlich, dass Strafverfolger Hinweise auf Kindesmissbrauch aus den USA nicht weiterverfolgen können, weil in Deutschland keine Daten mehr gespeichert sind. Darüber hinaus sollte der Bund für eine wirksame grenzüberschreitende Strafverfolgung auch darauf hinwirken, einheitliche Vorgaben auf europäischer Ebene zu schaffen.“

Quelle:stmj.bayern.de

Von redaktion