München:

/ Neue Studie belegt: „ReStart“ reduziert fundamentalistische Einstellungen bei Gefangenen / Justizminister Eisenreich: „Der Justizvollzug darf kein Nährboden für Extremismus werden. Deshalb verlängern wir das Projekt mit Ahmad Mansour.“

Haftanstalten dürfen nicht – wie beispielsweise in Frankreich im Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris geschehen – zu Radikalisierungsorten von Gefangenen werden. Die bayerische Justiz ist sich der Gefahr seit langem bewusst und hat frühzeitig das Maßnahmenpaket im Justizvollzug um das Projekt „ReStart Freiheit beginnt im Kopf“ zur Islamismusbekämpfung und Radikalisierungsprävention mit dem renommierten Psychologen Ahmad Mansour ergänzt.


Der Vorsitzende der 93. Justizministerkonferenz und bayerische Justizminister Georg Eisenreich: „Der Justizvollzug darf kein Nährboden für Extremismus werden. Deshalb freue ich mich sehr, dass sich das Projekt ‚ReStart‘ als echtes Erfolgsmodell erwiesen hat. Es reduziert nachweislich fundamentalistische Einstellungen. Bislang haben bereits mehr als 1.500 Gefangene teilgenommen. Mir ist wichtig, dass wir gerade junge Straftäter vor Radikalisierung schützen, die besonders leicht zu beeinflussen sind.“

Prof. Dr. Mark Stemmler von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wurde im Jahr 2020 mit der Evaluation des Projekts „ReStart  Freiheit beginnt im Kopf“ beauftragt. Der Bayerische Landtag hat die Studie durch die Gewährung besonderer Haushaltsmittel ermöglicht. Eisenreich: „Das Ergebnis ist sehr erfreulich: Die Wissenschaftler bewerten ‚ReStart‘ als eine wertvolle Maßnahme, mit der junge Straftäter aus patriarchalisch geprägten Kulturen erreicht werden können. Den größten Effekt hatte das Projekt auf fundamentalistische Einstellungen, die sich nach den Workshops deutlich reduziert hatten. Sie führten auch dazu, unerwünschte Einstellungen wie politische Ressentiments, traditionellen Gehorsam, Patriarchalismus und Sexismus abzubauen.“ Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bayerischen Landtag Petra Guttenberger: „Die Evaluation verdeutlicht, dass das Hinterfragen gesellschaftlicher Strukturen und das Hinterfragen der eigenen Denkstruktur eine Basis für ein erfolgreiches gesellschaftliches Miteinander schafft. Einmal mehr zeigt sich, dass diese Initiative dazu beitragen kann, islamistischen und anderen ideologisch geprägten Straftaten auf Dauer etwas entgegenzusetzen.“

Das Konzept von „ReStart“ wurde 2017 von der im Justizministerium angesiedelten Zentralen Koordinierungsstelle für Maßnahmen gegen Salafismus/Islamismus im Justizvollzug (jetzt: Zentrale Koordinierungsstelle für Maßnahmen gegen Extremismus im Justizvollzug, angesiedelt bei der Justizvollzugsanstalt Nürnberg) und der Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention (kurz MIND prevention) speziell für die Bedürfnisse des bayerischen Justizvollzugs entwickelt. Speziell geschulte Pädagogen und Psychologen mit ähnlichem sozio-kulturellen Hintergrund arbeiten mit den Gefangenen in aufeinander aufbauenden Workshops. Darin werden Tabuthemen und Wertevollstellungen, die den Nährboden für extremistische Radikalisierungstendenzen bilden, in Rollenspielen aufgearbeitet (sog. Peer-Education-Ansatz).

Bislang fanden die Workshops vor allem in fünf Justizvollzugsanstalten in Bayern statt (Ebrach, Laufen-Lebenau, München, Neuburg-Herrenwörth und Niederschönenfeld). Minister Eisenreich kündigt an: „Die Resonanz ist überaus positiv, bei Projektteilnehmern, Experten wie Bediensteten. Deshalb werde ich das Projekt verlängern und auf weitere Vollzugsanstalten in Bayern ausweiten. Ahmad Mansour und seinem Team möchte ich für seine wertvolle Arbeit herzlich danken. Unser zentrales Ziel im Justizvollzug ist die Resozialisierung. Wir wollen den Gefangenen eine Perspektive nach der Haft geben, die frei von Gewalt ist. Das Projekt ist auch eine Investition in die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Bayerns.“

Hintergrund:

Inhaltlich werden bei den Workshops von „ReStart“ folgende Themen erörtert:

Geschlechterrollen und religiöse Geschlechterverhältnisse;

Patriarchalische Strukturen in Bezug zum Islamverständnis;

Aufbrechen bestimmter Denkmuster, die den ideologischen Nährboden für Extremismus bilden, sowie Erlernen von verschiedenen Kommunikationsstrategien durch Diskussion und Auseinandersetzung;

Erziehung in den Familien und ihre Konsequenzen für Radikalisierungsprozesse;

Fragen der eigenen Identität.

Quelle: stmj.bayern.de

Von redaktion