Welt:
Mit dem neuen Seehandelsrecht werden auch die Rechte von Passagieren deutlich verbessert. Das
deutsche Seehandelsrecht wird insgesamt modernisiert und für den internationalen Wettbewerb fit
gemacht. Unnötiger gesetzlicher Ballast wird von Bord geworfen und das noch aus dem 19. Jahrhundert
stammende Seehandelsrecht wird insgesamt deutlich entbürokratisiert. Die Zahl der
seehandelsrechtlichen Vorschriften wird auf etwa die Hälfte reduziert.
Unglücksfälle wie der des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia haben gezeigt, wie wichtig
unbürokratische Entschädigungszahlungen an Passagiere sind. Das Gesetz trifft Vorsorge dafür, dass
Entschädigungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes künftig verschuldensunabhängig gezahlt werden.
Die neuen Rahmenbedingungen für Seebeförderungen werden auch für die Wirtschaft zu mehr
Rechtssicherheit führen und den Handels- und Rechtsstandort Deutschland stärken. Weil für den
Transport auf dem Seeweg vor allem internationale Regelungen große Bedeutung haben, orientieren
sich die Neuregelungen im innerstaatlichen Seehandelsrecht weiterhin am Vorbild der geltenden
internationalen Übereinkommen. Es ist beabsichtigt, die Reform noch in diesem Jahr abzuschließen.
Zum Hintergrund:
Der Entwurf führt erstmals eine verschuldensunabhängige Haftung des Beförderers für Personenschäden
ein und hebt den Haftungshöchstbetrag für die darüber hinaus fortbestehende verschuldensabhängige
Haftung des Beförderers deutlich an, nämlich von bisher rund 164 000 Euro auf 468 000 Euro.
Passagiere werden also künftig deutlich besser geschützt. Für die Schifffahrt ergibt sich daraus
kein Nachteil. Schiffsbeförderungen sind ausgesprochen sichere Beförderungen. die Zahl der Unfälle
in der Schifffahrt ist sehr gering, was sich bei der Berechnung von Versicherungsprämien auswirkt.
Das Seehandelsrecht ist im Handelsgesetzbuch geregelt und enthält bisher noch eine Reihe
überkommener Rechtsinstitute, wie die aus dem Mittelalter stammende Partenreederei und das
Verklarungsverfahren. Diese Institute sind heute weitgehend überflüssig geworden. Sie werden den
Anforderungen der modernen maritimen Wirtschaft nicht mehr gerecht und werden daher gestrichen.
Für die Reform wird das Fünfte Buch des Handelsgesetzbuchs insgesamt neu gegliedert und damit
übersichtlicher gestaltet. Zentrale Regelungen über die Personen der Schifffahrt – also Reeder,
Ausrüster und Schiffsbesatzung – werden an den Beginn des Fünften Buches gestellt. Unmittelbar im
Anschluss folgen die Regelungen über Beförderungsverträge. Zu diesen zählt der Entwurf zum einen
die Seefrachtverträge, zum anderen die Personenbeförderungsverträge. Die heute in einer Anlage zum
Handelsgesetzbuch enthaltenen Bestimmungen über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf
See werden aufgehoben. Soweit Seefrachtverträge betroffen sind, differenziert der Entwurf klar
zwischen dem Stückgutfrachtvertrag und dem Reisefrachtvertrag. Gleichrangig neben dem Zweiten
Abschnitt über Beförderungsverträge steht der Dritte Abschnitt über „Schiffsüberlassungsverträge“.
Durch diese Struktur wird deutlich gemacht, dass Schiffsüberlassungsverträge, also die Schiffsmiete
(Bareboat-Charter) und der Zeitchartervertrag, nicht als Beförderungsverträge anzusehen sind.
Der Entwurf berücksichtigt bei der Regelung der Rechtsstellung des Kapitäns, dass sich dessen
ursprünglich unternehmerähnliche Stellung inzwischen in eine arbeitnehmerähnliche Stellung
gewandelt hat und dementsprechend nicht mehr gerechtfertigt ist, den Kapitän gegenüber allen
Reiseinteressenten für die Ausführung der vom Reeder abgeschlossenen Verträge haften zu lassen.
Bei der Neuregelung des Seefrachtrechts werden die Vorschriften über den Stückgutfrachtvertrag
stärker angelehnt an die bereits modernisierten Vorschriften im Vierten Buch des Handelsgesetzbuchs
über das Frachtgeschäft sowie an die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen
Gesetzbuch. Sonderregelungen für die Seebeförderung berücksichtigen vor allem die veränderte
Schifffahrtspraxis und die elektronische Abwicklung des Geschäftsverkehrs. Dementsprechend
gestattet der Entwurf, dass der Verfrachter Container, die auf einem Containerschiff befördert
werden, ohne Zustimmung des Befrachters auf Deck verladen und umladen darf. Außerdem regelt er
erstmalig den Seefrachtbrief und schafft eine gesetzliche Grundlage für die Verwendung
elektronischer Beförderungsdokumente.