München:

Bayern treibt Digitalisierung der Gerichte voran / Gerichte im Freistaat verfügen bereits jetzt über 50 Videokonferenzanlagen / Justizminister Eisenreich fordert: „Zumindest für die Dauer der Corona-Pandemie sollten die Möglichkeiten eines Video-Einsatzes im Strafverfahren ausgeweitet werden“

In der Corona-Krise ist es Aufgabe der Justiz in Bayern, die Funktionsfähigkeit ihrer Institutionen aufrechtzuerhalten und zugleich die Gesundheit aller Beteiligten zu schützen. Der Freistaat will die Ansteckungsgefahr im Gerichtssaal minimieren und dazu auch die digitalen Möglichkeiten nutzen. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Wir wollen die Chancen der Digitalisierung auch in der Justiz nutzen. Dazu wollen wir auch den Einsatz von Video-Technik in den Gerichtssälen verstärken.

Technisch sind die bayerischen Gerichte schon jetzt auf einem guten Weg und mit ihrer Ausstattung unter den führenden Bundesländern in Deutschland. Bereits 50 Videokonferenzanlagen stehen zur Verfügung, sie können von 53 Gerichten genutzt werden. Aber dabei will es Bayern nicht belassen und investiert weiter. Eisenreich: „Acht weitere Anlagen haben wir bereits erworben. Unser Ziel ist eine flächendeckende Ausstattung.“ Zudem soll im Rahmen eines Pilotprojekts das Programm „Microsoft Teams“ in zivilgerichtlichen Verhandlungen erprobt werden.

Im geltenden Recht gibt es bereits Möglichkeiten für den Einsatz von Video-Technik, aber Eisenreich sieht noch Verbesserungsbedarf. Eisenreich fordert, die Möglichkeiten des Video-Einsatzes im Strafverfahren zu erweitern: „Wenn Zeugen wegen Quarantänemaßnahmen, Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder Reisebeschränkungen nicht im Gerichtssaal erscheinen können, sollten sie in der Hauptverhandlung per Video vernommen werden können.“

Hintergrund:

Im Strafverfahren bietet das geltende Recht folgende Möglichkeiten:
Für eine Hauptverhandlung müssen sich Richter, Staatsanwaltschaft, Angeklagte und Verteidiger grundsätzlich persönlich im Gerichtssaal einfinden; die persönliche Anwesenheit des Angeklagten durch eine Videoübertragung ist nur in engen Ausnahmefällen ersetzbar.
Die persönliche Anwesenheit von Zeugen im Gerichtssaal kann unter bestimmten Voraussetzungen durch deren Videovernehmung ersetzt werden, etwa wenn dem Opfer einer Straftat (z.B. eines Sexualdelikts) die persönliche Konfrontation mit dem Angeklagten im Gerichtssaal erspart werden soll.
Sachverständige können grundsätzlich per Video angehört werden.

In Zivilverfahren sind Video-Konferenzen nach § 128a ZPO durchführbar. Ob sich ein Verfahren im Einzelfall für eine Online-Verhandlung eignet, entscheiden die Richterinnen und Richter in richterlicher Unabhängigkeit. Neben einer vollständig digitalen Verhandlung können auf Antrag auch nur einzelne Zeugen, Sachverständige oder Parteien per Videoübertragung vernommen werden.

Quelle:stmj.bayern.de

Von redaktion