Berlin:
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im August 2019
Die gesamtwirtschaftliche Wirtschaftsleistung hat sich im zweiten Quartal geringfügig
abgeschwächt. Das globale wirtschaftliche Umfeld mit Handelskonflikten, Brexit und geopolitischen
Krisen dämpft den Welthandel und die Weltkonjunktur. Dies trifft die deutsche Industrie. Die
Binnenkonjunktur zeigt sich aber robust. Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Juni
zurückgegangen. Im Quartalsvergleich ergeben sich für alle Bereiche Verluste. Die Auftragseingänge
im Verarbeitenden Gewerbe sind trotz des Zuwachses im Juni im Quartalsvergleich nochmals leicht
gesunken. Stützend wirken weiterhin die steigenden Einkommen der privaten Haushalte und die
fiskalpolitischen Impulse. Am Arbeitsmarkt wird die schwächere Konjunktur sichtbarer. Der
Beschäftigungsaufbau erfolgt in kleineren Schritten, die Arbeitslosigkeit stagniert auf niedrigem
Niveau.
Die exportorientierte deutsche Wirtschaft agiert weiterhin in einem schwierigen
außenwirtschaftlichen Umfeld. Ihr Bruttoinlandsprodukt (BIP) schwächte sich im zweiten Quartal
preisbereinigt leicht um 0,1 % ab. [1][2] Nach dem soliden Wachstum im ersten Quartal erbrachte sie
dennoch die zweithöchste Wirtschaftsleistung in der Historie der Bundesrepublik. Einem bei
rückläufigen Exporten negativem Wachstumsbeitrag des Außenhandels stand eine weiterhin robuste
binnenwirtschaftliche Nachfrage gegenüber. Unter der stotternden globalen Wirtschaft leidet
weiterhin vor allem das Verarbeitende Gewerbe. Während die mehr binnenwirtschaftlich ausgerichteten
Dienstleistungsbereiche ihre Wertschöpfung weiter ausweiteten, zeigten sich bei industrienahen
Dienstleistungen erste Bremsspuren. Hinzu kam nach dem milden Winterquartal eine schwache
Frühjahrsbelebung beim Bau. Die heimische Energieerzeugung wurde angesichts günstigerer
Energieimporte zurückgefahren.
Der Ausblick bleibt vorerst gedämpft. Die Handelskonflikte haben sich zuletzt weiter verschärft und
die Aussichten auf einen geordneten Brexit nicht verbessert. Vor diesem Hintergrund haben sich die
Konjunkturindikatoren abgeschwächt. Der Absatz und die Auftragseingänge in der Industrie sind
merklich niedriger als vor einem Jahr und das Geschäftsklima hat sich deutlich eingetrübt. Auf der
anderen Seite ist die Binnenkonjunkturweiterhin intakt. Beschäftigung und Löhne steigen und die
Geld- und Fiskalpolitik liefern positive Impulse.
Die Weltkonjunktur bleibt angespannt und verhalten. Zwar nahmen im Mai sowohl die globale
Industrieproduktion als auch der Welthandel leicht zu, gegenüber dem Vorjahr blieben die
Wachstumsraten jedoch niedrig. Das Geschäftsklima der globalen Industrie folgte auch im Juli seinem
seit Anfang 2018 abwärts gerichteten Trend. Dabei sank der IHS Markit PMI noch tiefer unter seine
Wachstumsschwelle. Das unterkühlte ifo Weltwirtschaftsklima hat sich im dritten Quartal 2019
angesichts der Ballung globaler Risiken weiter eingetrübt. Vor diesem Hintergrund gehen die
internationalen Organisationen von einer wenig dynamischen, aber gleichwohl aufwärtsgerichteten
weltwirtschaftlichen Entwicklung aus.
Die Flaute des Welthandels schlägt sich auch in den deutschen Ausfuhren nieder: Die Exporte von
Waren und Dienstleistungen gingen im Juni saisonbereinigt und in jeweiligen Preisen um 1,5 %
zurück. Für das zweite Quartal 2019 ergab sich ein deutliches Minus von 1,8 %. Die Unternehmen
gehen laut den ifo Exporterwartungen, die im Juli auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise
gefallen sind, auch für die kommenden Monate von keinem Exportzuwachs aus. Die Importe von Waren
und Dienstleistungen sanken im Juni saisonbereinigt und in jeweiligen Preisen um 0,1 %. Im gesamten
zweiten Quartal nahmen sie gegenüber dem Vorquartal um 0,9 % ab. Auch preisbereinigt sind die
Exporte im dritten Quartal stärker als die Importe zurückgegangen und haben so für einen negativen
Wachstumsbeitrag des Außenhandels gesorgt.
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe wurde im Juni nach einer Verschnaufpause im Mai weiter
zurückgenommen (-1,5 %). Gegenüber dem Vorquartal ergab sich im zweiten Quartal damit ein Rückgang
um insgesamt 1,8 %. Sowohl das Baugewerbe (-1,1 %) als auch die Industrie (-1,7 %) verzeichneten
hierbei Einbußen. Innerhalb der Industrie waren es der Maschinenbau, die Metallerzeugung und die
Kfz-Produktion, die im zweiten Quartal die gewichtigsten Rückgänge verbuchten. Die schwache
Frühjahrsbelebung beim Bau war wohl mehr dem hohen Produktionsniveau im Winterquartal und weniger
der Konjunktur geschuldet. Zum Rückgang der Energieerzeugung trugen verstärkte Nettoimporte bei.
Die Entwicklung von Auftragseingangs- und Stimmungsindikatoren sprechen gegenwärtig nicht für
positive Impulse seitens der Industrie in den kommenden Monaten. Auch wenn die Auftragseingänge bei
umfangreichen Großaufträgen im Juni um 2,5 % gestiegen sind, ergab sich doch in der
Quartalsbetrachtung ein erneuter Rückgang. Dieser fiel allerdings mit -1,0 % merklich geringer aus
als noch im ersten Quartal mit -4,2 %. Das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe trübte sich
allerdings im Juli nochmals etwas weiter ein.
Die privaten Konsumausgaben sind daher eine noch wichtigere Stütze der binnenwirtschaftlichen
Entwicklung. Sie dürften im zweiten Quartal allerdings etwas weniger dynamisch zugelegt habe, als
im konsumstarken ersten. So erhöhten sich die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz im zweiten Quartal
lediglich um 0,1 %, trotz eines starken Anstiegs im Juni. Auch die Neuzulassungen von Pkw bei
privaten Haltergruppen fielen im zweiten Quartal nach den Nachholeffekten im ersten etwas
bescheidener aus. Das Geschäftsklima im Einzelhandel ist zwar per Saldo positiv und noch deutlich
günstiger als im langjährigen Durchschnitt. Es hat sich aber seit Herbst vergangenen Jahres
kontinuierlich eingetrübt.
Der Beschäftigungsaufbau setzte sich im Juni mit gedrosselter Dynamik fort. Der saisonbereinigte
Zuwachs der Erwerbstätigkeit lag nur bei 8.000 Personen, einen geringeren Zuwachs gab es zuletzt
vor drei Jahren. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies in Ursprungszahlen aber immer noch einen
Anstieg um 410.000 Personen. Auch der Anstieg bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
um saisonbereinigt 20.000 Personen hat sich im Mai merklich abgeschwächt. Die Konjunkturabkühlung
zeigt sich vor allem im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, wo der Personalbestand von April auf
Mai um 12.000 Mitarbeiter zurückging. Die Arbeitslosigkeit stagnierte im Juli saisonbereinigt
nahezu (+1.000 Personen) auf niedrigem Niveau, in Ursprungszahlen nahm sie mit Beginn der
Sommerferien um 59.000 Personen auf knapp 2,3 Mio. zu. Bei der Unterbeschäftigung zeigte sich per
Saldo ebenfalls kaum Bewegung. Die Frühindikatoren lassen erwarten, dass sich der gemäßigte
Beschäftigungsaufbau bei leicht steigender Arbeitslosigkeit fortsetzt.
Quelle:bmwi.bund.de
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