München: 

Bund und Länder wollen mehr Transparenz
bei Antibiotika-Einsatz in der Landwirtschaft

Frühjahrskonferenz der Agrarminister in Konstanz
vereinbart datenbankgestütztes Minimierungskonzept

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz will gemeinsam mit den Bundesländern die Strategie zur Antibiotika-Minimierung noch stärker auf die direkte Anwendung am Tier konzentrieren. Dazu soll im Arzneimittelgesetz die Möglichkeit für den Aufbau einer bundeseinheitlichen amtlichen Datenbank geschaffen werden, die den zuständigen Überwachungsbehörden der Länder erstmals eine umfassende Einsichtnahme in die Daten über den Antibiotika-Einsatz bei landwirtschaftlichen Nutztieren ermöglicht. Auf eine entsprechende Verschärfung des Arzneimittelgesetzes haben sich Bund und Länder bei der Frühjahrskonferenz der Agrarminister (AMK) verständigt, die am Freitag in Konstanz zu Ende ging. Die Länder unterstützen den Plan des Bundes, im Zuge der ohnehin geplanten Änderung des Arzneimittelgesetzes die Rechtsgrundlage für eine entsprechende deutschlandweite Antibiotika-Datenbank zu schaffen.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner betonte in Konstanz, man wolle den Länderbehörden „alle Instrumente an die Hand geben, die erforderlich sind, um die Überwachung zu erleichtern, die Antibiotika-Abgabe zu reduzieren und den Missbrauch von Medikamenten zu verhindern“. Die Bundesregierung sorge dafür, dass die zuständigen Landesbehörden ihre Überwachungsaufgaben in Zukunft noch wirksamer und noch schneller erfüllen können. Der Bund setzt hierfür den Rechtsrahmen – die Länder sind vor Ort für die Überwachung der Betriebe zuständig. Zum Abschluss der Frühjahrskonferenz der Agrarminister zeigte sich Aigner erfreut über den erzielten Schulterschluss: „Es ist unser gemeinsames Ziel, die Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung auf das absolut notwendige Maß zu beschränken.“ Nötig sei eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern, um die Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung auf ein Minimum zu beschränken, um mehr Transparenz bei der Abgabe von Antibiotika herzustellen, eine konsequente Überwachung der Regelungen und der Anwendung von Antibiotika durch die Länderbehörden zu gewährleisten sowie Verstöße konsequent zu ahnden. Aigner betonte, dass der Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung ebenso verboten sei wie der präventive Einsatz.

Nach dem Willen der Länderagrarminister soll auf Fachebene gemeinsam mit dem Bundesministerium baldmöglichst ein Detailkonzept für eine betriebsbezogene Antibiotika-Minimierungsstrategie erarbeitet werden. Hierbei wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt. Verschiedene Detailfragen sind noch zu klären, insbesondere Art, Umfang und Intervalle der Datenbank-Meldungen, die Kriterien für die Einsichtnahme der Behörden, die Speicherdauer sowie die Kosten des gesamten Vorhabens. Der bürokratische Aufwand soll so niedrig wie möglich gehalten, der Aufbau von Doppelstrukturen vermieden werden.

Die neue Datenbank ist Teil eines umfangreichen Antibiotika-Maßnahmenpakets, das im Rahmen der geplanten Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) noch vor der Sommerpause von Bundesministerin Aigner ins Kabinett eingebracht werden soll. Die geplante Verschärfung der rechtlichen Bestimmungen im AMG zielt im Wesentlichen darauf ab, den Einsatz von Antibiotika auf das zur Behandlung von Tierkrankheiten absolut notwendige Maß zu beschränken und die Befugnisse der zuständigen Kontroll- und Überwachungsbehörden der Bundesländer deutlich zu erweitern.

Vorgesehen sind neben der Datenbank zum Beispiel folgende Maßnahmen (Auszug):

* Betriebe, in denen übermäßig viele Antibiotika eingesetzt werden, sollen künftig nicht nur stärker überwacht werden – die zuständigen Behörden sollen zusätzlich die Möglichkeit erhalten, Betriebe, die auffällig viele Arzneimittel einsetzen, zur Vorlage und zur Umsetzung eines individuellen Minimierungskonzeptes zu verpflichten. Die Ursachen für übermäßigen Antibiotika-Einsatz liegen häufig in grundlegenden Hygiene-Problemen oder Managementfehlern, die so gezielt angegangen und abgestellt werden können. Betroffene Tierhalter sollen verpflichtet werden, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit zu ergreifen.

* Für Antibiotika, die auch in der Humanmedizin besonders bedeutend sind, soll die Möglichkeit zur Umwidmung drastisch eingeschränkt werden. Human-Arzneimittel dürfen künftig nur noch unter besonderen Voraussetzungen außerhalb der Zulassung in der Tiermedizin eingesetzt werden.

* Der Informationsaustausch zwischen den Behörden wird deutlich verbessert: Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, werden verpflichtet, Daten und Erkenntnisse, die auf einen Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften hindeuten, an die für Tierarzneimittelüberwachung zuständigen Stellen weiterzuleiten.

Weitere Informationen im Internet unter www.bmelv.de

Hintergrund
Antibiotika sind das wichtigste Instrument zur Behandlung von Infektionskrankheiten. Jedoch nehmen auch in Deutschland Fälle von Antibiotika-Resistenzen zu. Dadurch können Medikamente bei erkrankten Menschen oder erkrankten Tieren ihre Wirkung verlieren. Da jeder Einsatz von Antibiotika letztlich die Resistenz fördern kann, muss sichergestellt sein, dass Antibiotika gerade bei Tieren, von denen Lebensmittel gewonnen werden, nur dann eingesetzt werden, wenn sie unbedingt erforderlich sind. Es gibt bereits klare Vorschriften, die den Einsatz von Antibiotika regeln: Nach dem Arzneimittelgesetz dürfen Antibiotika nur zur Behandlung von kranken Tieren eingesetzt werden, keinesfalls zur Wachstumsförderung. Auch dürfen Antibiotika nicht zur Überdeckung von Krankheiten, die durch Haltungsmängel hervorgerufen werden, verabreicht werden. Verstöße gegen diese Vorschriften sind strafbar. Die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften ist grundsätzlich Aufgabe der Länderbehörden. Die Länder sind dafür zuständig, Tierarztpraxen und Tierhaltungsbetriebe risikoorientiert zu kontrollieren.
Das BMELV tritt seit Jahren dafür ein, dass beim Einsatz von Antibiotika ein strenger fachlicher Maßstab zugrunde gelegt wird. Antibiotika dürfen bei Tieren nur dann eingesetzt werden, wenn dies aus therapeutischen Gründen geboten ist. Daher ist bereits vor zehn Jahren im Arzneimittelgesetz (AMG) eine Beschränkung der Abgabe von systemisch wirksamen Antibiotika (11. AMG-Novelle) und eine Bindung von deren Anwendung an eine vorherige tierärztliche Untersuchung verankert worden.
2008 wurde die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie „DART“ ins Leben gerufen. Zentrales Ziel der gemeinsamen Strategie des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist die Reduzierung und Verminderung der Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen in Deutschland. Hauptprogrammpunkte der DART sind: Erfassung der Antibiotikamengen in der Veterinärmedizin, permanente Überwachung der Entwicklung der Antibiotika-Resistenzsituation, verbesserte Information von Tierärzten, Landwirten und Verbrauchern, Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes bei Verbesserung der Prophylaxe und Hygiene zur Verhinderung von Infektionskrankheiten, eine Antibiotika-Resistenzsituation, die auch in der Zukunft den Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika ermöglicht.

Quelle: bmelv.bund.de

Von redaktion